Die lokalen Radio- und Fernsehstationen in Bayern nutzen in ihrer täglichen Arbeit sowohl zur Recherche als auch für die Publikation von Inhalten regelmäßig soziale Netzwerke. Bei der Recherche sind lokale Websites von noch größerer Bedeutung als soziale Netzwerke, während bei der Veröffentlichung von Inhalten Social Media-Plattformen wichtiger sind als die eigene Website. Insgesamt werden die wachsende Bedeutung von Crossmedialität für die eigene Arbeit erkannt und die crossmedialen Möglichkeiten bei der täglichen Arbeit genutzt. Während eine Vielzahl innovativer Ansätze sichtbar wird, ist eine gezielte crossmediale Senderstrategie in vielen Fällen jedoch noch nicht vorhanden.
Dies sind zentrale Ergebnisse einer Studie über crossmediale Strukturen und Angebote im bayerischen Lokalfunk von Prof. Dr. Sonja Kretzschmar von der Universität der Bundeswehr in München. Befragt wurden alle lokalen Hörfunk- und Fernsehanbieter in Bayern mittels einer Online-befragung. Die Rücklaufquote lag bei 73 Prozent. Vorgestellt wurden die Ergebnisse der Studie, die von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) unterstützt wurde, im Rahmen einer Veranstaltung am 5. Dezember in der Landeszentrale.
Neben den Social Media-Kanälen und Texten auf der eigenen Website spielen bei der Veröffentlichung von Inhalten zunehmend auch Videos auf der eigenen Website eine wichtige Rolle. Wobei die TV-Sender diese Möglichkeit deutlich häufiger nutzen als die Hörfunkanbieter, die dafür wesentlich häufiger Audiobeiträge auf der Website einsetzen. Twitter und Blogs werden vor allem von TV-Anbietern genutzt. Auch die Mobilität der Nutzer gewinnt zunehmend an Bedeutung: Neben dem eigenen Radio- und TV-Programm, der eigenen Website und sozialen Netzwerken sehen sowohl Hörfunk- als auch Fernseh-Anbieter die eigene Sender-App als wichtigen Kanal für die Publikation redaktioneller Inhalte. Bezüglich der Aufteilung der Arbeitszeit steht nach wie vor das klassische Medium deutlich im Vordergrund. Die Redaktionen investieren in der Regel ca. 20 Prozent ihrer Arbeitszeit auf Website, Social Media und Mobile-Angebote.
Die Mehrheit der Redaktionen ist offen für Veränderungen und crossmediales Arbeiten. Dabei werden jüngere Mitarbeiter häufig gezielt als Trendsetter eingesetzt. Dennoch stehen die Mitarbeiter der Bedeutung von Crossmedialität ambivalent gegenüber: Die Mehrheit der Befragten gibt an, die crossmedialen Möglichkeiten bei der täglichen Arbeit zu nutzen. Crossmedialität wird vor allem auch bei Sonderprojekten eingesetzt. Die Potenziale einer systematisch crossmedialen Berichterstattung werden aber selten strategisch genutzt. So werden zwar die Klickzahlen von Angeboten auf der eigenen Website systematisch ausgewertet, bei der Themenplanung aber kaum berücksichtigt. Hier gibt es laut Studie vor allem bei den lokalen Fernsehanbietern noch Optimierungspotenzial im Bereich einer gezielten crossmedialen Senderstrategie, die die Nutzung der einzelnen Kanäle systematisch evaluiert und die Publikation der Angebote zielgerichtet danach ausrichtet. Generell werden sowohl die Vor- als auch die Nachteile der Crossmedialität gesehen: Sie ermöglicht den Zugang zu neuen Zielgruppen und verbessert die journalistische Qualität, ist aber auch eine Zusatzbelastung für die Redaktionen. Einigkeit herrscht bei der Mehrzahl der Befragten sowohl im Hörfunk als auch im Fernsehen darüber, dass bei den Sendern weiterer Schulungsbedarf im Hinblick auf crossmediales Arbeiten besteht.
Interaktionen mit dem Publikum finden überwiegend über soziale Netzwerke statt. Dabei wird den Hörern und Zuschauern allerdings kaum die Möglichkeit eingeräumt, über Programminhalte mitzubestimmen. User-Generated Content wird eher selten in die Programme übernommen. Nur eine Minderheit der Sender räumt dem Publikum die Möglichkeit ein, über eine App eigenen Content an die Sender weiterzuleiten.
Bei der kommerziellen Nutzung von crossmedialen Anwendungen herrscht bei den Anbietern teilweise Nachholbedarf. So werden Local Based Services im werblichen Bereich kaum eingesetzt. Allerdings bietet die große Mehrheit sowohl der Hörfunk- als auch der Fernsehanbieter ihren Werbekunden Kombinationen aus Audio- bzw. Bewegtbildwerbung und Online-, Mobile- oder Social Media-Werbung an. Auch bei Sonderwerbeformen werden die crossmedialen Möglichkeiten von mehr als zwei Drittel der Anbieter genutzt.
Bei ihren crossmedialen Aktivitäten orientieren sich die Sender in erster Linie an anderen Anbietern. Wissenschaftliche und/oder Marktforschungsergebnisse werden nur von einer Minderheit berücksichtigt. Auch werden zum Management von Crossmedia kaum externe Berater beauftragt.
BLM-Präsident Schneider zu den Ergebnissen der Studie: „Die Sender haben erkannt, dass die Nutzung der crossmedialen Möglichkeiten für sie ein wichtiges Zukunftsthema ist. Innovationbereitschaft ist in hohem Maße vorhanden, allerdings zeigen die Ergebnisse auch, dass ein systematisches crossmediales Arbeiten und eine entsprechende Strategie vielfach noch fehlen. Die BLM wird deshalb in Zukunft sowohl in der Aus- und Fortbildung als auch mit ihrem Projekt „innovate:media“ einen Schwerpunkt darauf legen, den Anbietern noch mehr Impulse zu geben und Wege aufzuzeigen für die Entwicklung crossmedialer Inhalte.“