
Du bist Moderatorin oder Moderator? Glückwunsch! Ein großartiger Job.
Allerdings einer, dessen Anforderungen stetig wachsen. Einfach nur talentiert zu sein und die Vorgaben des PD zu erfüllen, genügt 2025 nicht mehr. Und während wir in Deutschland an einigen Stellen nicht so recht weiterkommen, haben sich die Kollegen im Ausland längst an die Gegebenheiten angepasst, erhöhen mit Social-Media-Tools die Reichweite und setzen neue Benchmarks – mit dem Anspruch, ein 360 Grad Moderator zu sein.
Über einige der größten Stars aus dem Ausland und was wir von diesen lernen können, habe ich hier bereits geschrieben.
Was also braucht der 360 Grad Moderator?
Natürlich die wichtigen On Air Skills von Musikverkaufen bis OAP in der Moderation. Der 360 Grad Moderator stellt außerdem über Persönlichkeitsmerkmale und Storytelling eine Verbindung zum Hörer her. Letzteres macht aber erst Sinn, wenn du für dich definiert hast, wer du on Air bist.
Was ist besonders an dir? Was ist dein USP? Was unterscheidet dich von der Vormittagsmoderatorin, der nicht mehr einfällt, als über die Mittagspause zu reden? Und was von alledem passt wirklich zu deiner Zielgruppe? Erst wenn du für dich oder mit deinem Coach oder PD eine solche Definition gemacht hast, kannst du als Personality on Air optimal für „deinen“ Sender und die Zielgruppe agieren. Weil du so Konsistenz, Wiedererkennbarkeit und eine Verbindung zu den Hörern on Air bringst.
Der 360 Grad Moderator ist außerdem in den Social-Media der Zielgruppe zuhause. Ein hervorragendes Beispiel für eine optimale Nutzung der sozialen Medien findet man in Deutschland z.B. bei JAM FM (vor allem TikTok).
Dennis Clark von iHeart Media hat bei den Radiodays in Athen u.a. gezeigt, wie Sender neue Hörer gewinnen. Ein Punkt war über Social Media. Wenn du interessanten Content in die Timeline „gespült“ bekommst und dieser von einem On-Air-Star stammt, hörst du vielleicht mal in dessen Show. Wenn dir dann auch noch die Musikfarbe gefällt, hat der Sender mindestens im WHK einen neuen Hörer gewonnen. Und es ist ja nicht so, dass wir Radiomacher auf irgendeine Möglichkeit der „Hörer-Akquise“ verzichten könnten…
Für Erfolg in den sozialen Medien braucht es natürlich innerhalb der Station ein abgestimmtes Konzept zu Kanälen, Zielgruppen, Themen (vor allem zu No Gos!), Häufigkeiten von Posts etc.
Randbemerkung für die Chefs: bitte, bitte sorgt doch für einen „instagrammable“ Background in den Sendern. Müssen ja nur ein oder zwei schicke Wände sein…bisschen Bling-Bling, vielleicht ein cooles Graffiti, schickes Licht… Das kostet nicht viel, kann aber den Unterschied machen…
Um eine Idee zu bekommen, wie gute Social-Media Accounts performen, habe mir einen extra Insta-Account nur für Radiosender- bzw. Moderatoren angelegt. Dort folge ich vielen internationalen Shows und Personalitys. Z.B. „Bobby Bones Show“, Ellen K., Danielle Monaro, „The Breakfast Club“, Tanya Red, Sisanie, Greg James, „Mattie en Marieke“ etc. Und während wir auch schon mal in Jogginghose vor einer grauen Wand stehen, sieht man echte Stars in der Regel gut gestylt.

Um auch auf Social Media eine echte Verbindung zum Hörer herzustellen, teilen 360 Grad Moderatoren eine Menge mit ihren Fans. So wie Oma alles über die Royals wissen will, interessieren sich Radiohörer für das Privatleben ihrer Lieblingsstars.

Dafür bekommen sie viel Feedback, schaffen damit auch auf anderen Kanälen (Hörer-) Bindung und finden durch die Interaktion mit Hörern auch neue Themen oder Weiterdrehs.

Natürlich haben Moderatoren so auch die Chance, ihren eigenen Wert zu steigern…und gewinnen an Relevanz als Testimonials für On-Air-Kunden.

Die Belohnung für die Offenheit, die Mühe und das Teilen sind hohe sechsstellige Followerzahlen (BBC 1 Morningshow Host Greg James hat sogar 1,1 Mio Follower auf Instagram). Und eben die persönliche „Wertsteigerung“.
360 Grad Moderatoren sind per se Influencer. Als Radiomoderatoren haben sie gegenüber anderen Influencern einen unschlagbaren Vorteil: ein Medium, das Tagesbegleiter Nummer 1 ist. On Air und Online befruchten sich so gegenseitig.
So werden 360 Grad Moderatoren auch für den „eigenen“ Sender immer wertvoller, weil sie durch die höhere Bekanntheit besser vermarktbar sind und außerdem Sender-Aktionen in Online-Medien verlängern können. Alles übrigens auch super Argumente für die nächste Gehaltserhöhung…
Außerdem ist der 360 Grad Moderator ein Podcast Performer. Podcasts erstellen schult das Storytelling. Podcasts schaffen weitere Touchpoints dort, wo die Zielgruppe unterwegs ist. Jeder hat doch irgendetwas Besonderes, über das sich zu reden lohnt: ein Faible für Hunde oder Autos, ein besonderes Hobby oder Interesse wie Gärtnern, Clubbing, Backen, Fußball, Schuhe, Handtaschen, Basketball, das Ausprobieren von Beauty-Hacks, Erziehungstipps etc. Der JAM FM Host John hat einen Sneaker-Podcast! Im Podcast kannst du über all das reden, was für das Massenmedium Radio zu speziell ist und mit einem guten Thema auch neue Fans gewinnen! Was ist dein „Special“?
Den Content, den du für On Air, Social und deinen Podcast brauchst, findest du im täglichen Leben, wenn du mit offenen Augen durch die Welt gehst. Denn du weißt ja: die Themen liegen auf der Straße.
Du hast also On-Air-Skills, „Persönlichkeits-USPs“, eine herausragende Social-Media-Performance und einen eigenen Podcast: wow -jetzt bist du eine Marke!
Und auf eine geliebte Marke verzichtet man ungern…
Viel Erfolg beim Aufbau deiner Marke,
Deine
Yvonne
P.S.: Danke an Roland Lehmann für den ergänzenden Input (Roland ist PD von Radio TEDDY und derzeit nebenbei Master-Student Digital- und Medienmanagement an der Hamburg Media School).

Yvonne Malak
Das Moderationshandbuch: Alles, was Radio-Profis wissen müssen
201 Seiten
ISBN 3848782723
39,00 € Nomos
Yvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 01. Juli 2025.
Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/