UKW-Kette in NRW: Frequenzvergabe gefährdet Existenz des Lokalfunks

Am 23. Januar 2015 entscheidet die Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen (LfM) über die Vergabe von elf neuen Rundfunkfrequenzen an eine landesweite Senderkette. Der Lokalfunk hat sich mit dem speziell auf eine junge Zielgruppe zugeschnittenen Angebot „deinfm“ um diese Frequenzen beworben.

„Bei dieser Vergabe geht es um mehr als die Entscheidung für oder gegen einen bestimmten Sender. Hier steht die Zukunft des Lokalfunks auf dem Spiel“, warnt Fritz-Joachim Kock, Vorsitzender des Verbands Lokaler Rundfunk in Nordrhein-Westfalen e.V. (VLR). „Ich setze mich dafür ein, dass es auch weiterhin eine unabhängige lokale Berichterstattung in NRW geben wird. Die Alternative wäre ein Programm, in dem die Menschen aus der Region und das Bedürfnis nach Informationen aus ihrem unmittelbaren Umfeld zunehmend weniger Berücksichtigung finden.“

„Ein Stück Identität“
Der Lokalfunk ist ein wichtiger Eckpfeiler des lokalen Journalismus in Nordrhein-Westfalen. Er ist Plattform für lokale Nachrichten über politische, gesellschaftliche und kulturelle Ereignisse vor Ort. Fritz-Joachim Kock: „Für die Städte, Kreise und Gemeinden in NRW ist der Lokalfunk deshalb auch ein Stück Identität. Über ihn kommunizieren Politik, Wirtschaft und gesellschaftliche Gruppen mit der Bevölkerung. Sein Fehlen würde die lokale Medienvielfalt stark einschränken.“

Sven Thölen, Geschäftsführer des Senders „deinfm“, ergänzt: „Trotz Konkurrenz aus dem Internet ist die Ära des Radios noch lange nicht vorbei. Das beweisen aktuelle Umfragen zum Mediennutzungsverhalten. Junge Menschen hören nach wie vor Radio – zuhause, im Auto oder an ihrem Arbeitsplatz. Und natürlich wollen sie vor allem wissen, was in ihrer unmittelbaren Umgebung passiert. Das bieten wir ihnen mit „deinfm“, und zwar nur wir.“

Die von der LfM erstellte Beschlussvorlage favorisiert aktuell den Sender „Metropol FM“. Daneben gibt auch noch Befürworter für weitere Nischenprodukte wie z. B. „DOM Radio“. „Metropol FM“ sendet überwiegend auf türkisch, das „DOM Radio“ des Erzbistums Köln bedient seinerseits eine sehr spezifische Zielgruppe. Dies widerspricht nach Ansicht des Lokalfunks dem Gebot der Angebotsvielfalt, dem zentralen Kriterium bei dieser Vergabe. Denn ein Hörfunkprogramm, das sich an spezielle Gruppen richtet, schließt große Teile der Bevölkerung von seinem Informations- und Unterhaltungsangebot aus.

Verschärfte ökonomische Rahmenbedingungen
Der Lokalfunk erreicht in weiten Teilen des Landes Millionen Hörerinnen und Hörer. Die Werbeerlöse der privaten Radiosender in Deutschland sind in den letzten Jahren jedoch um 20 Prozent eingebrochen. Verantwortlich hierfür sind die zunehmende Digitalisierung der Medienlandschaft, Veränderungen im Mediennutzungsverhalten und die Öffnung des lokalen Werbemarktes für deutschlandweit sendende TV-Veranstalter. Jan-Uwe Brinkmann, ebenfalls Geschäftsführer des Senders „deinfm“: „Bisher hat der Lokalfunk solide gewirtschaftet. Doch bis zum Jahr 2017 werden sich die finanziellen Einnahmen des Lokalfunks aus der nationalen Werbung im Vergleich zu 2007 nahezu halbieren. Die meisten unserer Lokalradiostationen rutschen so in die roten Zahlen. Diesem Szenario würde die LfM mit einem klaren Bekenntnis zum Lokalfunk etwas entgegensetzen.“

Der Lokalfunk
Der Lokalfunk wurde vor 25 Jahren gegründet und vereint aktuell 45 Sender mit Sendegebieten in NRW. Für den Lokalfunk arbeiten rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Programm wird in Teilen vor Ort und in Teilen als sogenannter Mantel zentral von Radio NRW produziert. Zudem hat der Bürgerfunk seine Heimat im Lokalfunk. Die wirtschaftliche Verantwortung tragen Betriebsgesellschaften, an denen neben den örtlichen Zeitungsverlagen auch die Kommunen beteiligt sind. Die Verantwortung für das Programm haben die Veranstaltergemeinschaften, die sich aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zusammensetzen. Der Lokalfunk erreicht rund 1,6 Mio. Hörer in der Durchschnittsstunde (ma 2014 Radio II).

„deinfm“ ist ein landesweiter Jugendsender mit regionalisierten Programmteilen. Das Programm richtet sich an die Zielgruppe 14 – 29 Jahre und wird somit in der Altersgruppe unterhalb von 1Live (Altersdurchschnitt 34,7 Jahre) positioniert. Für diese Zielgruppe gibt es in NRW bislang kein Angebot. Das Team von „deinfm“ soll allein in der zentralen Redaktion aus 20 redaktionellen Mitarbeitern bestehen. Gemeinsam mit dem Lokalfunk soll „deinfm“ eine Flotte bilden und damit die Zukunftsfähigkeit des Lokalfunks sichern. Alle Gesellschafter sind Minderheitsgesellschafter: 49% deinfm Holding GmbH & Co. KG, 11 % Verband Lokaler Rundfunk e.V., 24,9 % RTL Radio Deutschland GmbH, 15,1 % RADIO/TELE FFH GmbH & Co. Betriebs-KG.

Die Programmverantwortung trägt ein Programmrat, der vom VLR besetzt wird. Der VLR ist Repräsentant der unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, die schon im Lokalfunk die Veranstaltergemeinschaften stellen (christliche Kirchen, jüdische Kultusgemeinde, Kommunen, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Jugendringe, Sportbünde, Wohlfahrtsverbände, Umweltorganisationen, Verbraucherzentralen, Verlage und Journalistenverbände).

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