Wir haben ja schon häufiger über inszenierte Skandale von Radiosendern berichtet, die gerne im Vorfeld der Quotenmessungen losgetreten werden. Dabei steht man als Berichterstatter vor einem Dilemma. Denn jeder noch so kritische Artikel verschafft letztlich der PR-Aktion genau die Aufmerksamkeit, die sie erreichen will. Und bringt der eigenen Seite Klickzahlen, was der – noch so berechtigten – moralischen Empörung einen faden Beigeschmack verschafft.
Gerade hat das österreichische Privatradio KRONEHIT die Skandal-Maschinerie angeworfen. Die Idee an sich ist eher ein alter Hut – wir bezahlen einer Hörerin eine Brust-OP. Gähn. Der bayerische Jugendsender Radio Galaxy Ingolstadt hatte erst im Januar eine solche Aktion gestartet, aber nach einer Intervention durch die bayerische Medienanstalt schnell wieder beendet. Dass die Idee auf dem Markt der inszenierten Skandale nicht gerade innovativ ist, hat scheinbar auch KRONEHIT registriert. Deshalb gab der Sender der Aktion noch einen Twist mit auf den Weg – „Willst du dir und deiner Mutter neue Brüste zum Muttertag schenken?“ Chapeau, da muss man auch erst einmal drauf kommen. Damit das ganze noch einen etwas schmierigeren Unterton bekommt, wurde ein entsprechendes Kampagnen-Logo entworfen und die ganze Aktion „Tutti Kompletti“ getauft. Tutti Frutti und so. Bei dem Brainstorming will man auch nicht dabei gewesen sein.
Aus rechtlichen Gründen bezahlt der Sender die Brustvergrößerung nicht direkt, die ausgewählten Kandidatinnen bekommen aber ein Honorar von je 5000 Euro für Bild, Film und Tonaufnahmen, Studiobesuche und PR-Termine. Die Foto- und Videorechte am Material, das im Rahmen der Aktion entsteht, werden natürlich an den Sender abgetreten. 300 Bewerbungen seien bisher eingegangen, erklärte KRONEHIT gegenüber „Heute.at“.
Die nicht unberechtigten Proteste im Netz ließen nicht lange auf sich warten. Auch Parteien und Verbände protestieren – die österreichischen Grünen, die Gesellschaft für Plastische und Ästhetische Chirurgie, die österreichische Bundesjugendvertretung. Die SPÖ-Frauen klagen gegen die Aktion. Und Österreichs Presse berichtet kontinuierlich. Läuft bisher prächtig für KRONEHIT.