Das französische RTL verabschiedet sich zum Jahresende von der Langwelle, das hat der Sender Mitte Oktober publik gemacht. RTL sendet seit 1972 vom in Luxemburg gelegenen Standort Beidweiler auf der Frequenz 234 kHz gen Frankreich. Die Sendeleistung der Anlage in Beidweiler lag zuletzt tagsüber bei 750 Kilowatt, früher waren es sogar bis zu 2000 Kilowatt. Als Gründe für die geplante Abschaltung der stromintensiven Langwelle führt RTL France die gestiegenen Energiepreise an. Ferner wolle man den CO2-Fußabdruck verbessern.
In Deutschland wurden bereits Ende 2014 die Langwellensender des Deutschlandradios in Oranienburg bei Berlin, Aholming in Niederbayern und Donebach im Odenwald abgeschaltet. In Tschechien war Ende vergangenen Jahres Schluss mit der Langwelle. In Frankreich ist RTL der letzte verbliebene Radiosender, der noch über Langwelle zu hören ist. Das öffentlich-rechtliche France Inter verabschiedete sich Ende 2016 vom seinen Standort im zentralfranzösischen Allouis, von wo aus das Programm auf 162 kHz verbreitet wurde. Ende 2019 schaltete auch das Privatradio Europe 1, das seit 1955 vom saarländischen Felsberg-Berus aus auf der Frequenz 183 kHz nach Frankreich sendete, seine Langwellenfrequenz ab. Das französischsprachige RMC (ehemals Radio Monte Carlo) knipste im März 2020 seine vom südfranzösischen Roumoules ausgestrahlte Frequenz 216 kHz ab. Damit wird ab 2023 – wie bereits in den meisten europäischen Ländern – in Frankreich die Langwelle als Verbreitungsweg für Radioübertragungen Geschichte sein.
Eine Ausnahme bilden die britischen Inseln. Die BBC ist noch auf der Langwelle vertreten. Radio 4 sendet mit seinem Langwellenprogramm weiterhin munter auf 198 kHz. Doch auch in Großbritannien wird laut über eine Abschaltung nachgedacht, Die angespannte weltpolitische Lage könnte ihr Leben dort allerdings unverhofft nochmal etwas verlängern – die Langwelle wird – britischen Medienberichten zufolge – als einer der Übertragungswege genannt, um im Krisenfall – zum Beispiel wenn es zu Blackouts im Stromnetz kommen sollte – die Bevölkerung zu informieren. Auch in Irland ist das öffentlich-rechtliche RTÉ Radio 1 weiter von Clarkstown im zentralirischen County Meath aus auf der Langwellenfrequenz 252 kHz zu hören – Zielpublikum sind insbesondere irischstämmige Hörerinnen und Hörer in England, die in den vergangenen Jahren über ihre Interessenvertretungen immer wieder gegen eine mögliche Abschaltung mobil machten.
Tom Sprenger