
Oft unterschätzt, sehr oft stiefmütterlich behandelt und manchmal gar nicht vorhanden:
On Air Marketing, meist On Air Promotion genannt.
Was ist OAP? Ich definiere das wie folgt:
On Air Promotion ist das kreative Nutzen von Sendezeit im „eigenen“ Radioprogramm, um die Produktvorteile des Programms (sowie eventuell die Nachteile des Programms von Wettbewerbern) an den Weitesten Hörerkreis zu kommunizieren, mit dem Ziel möglichst viele WHK-Hörer in Stammhörer umzuwandeln, indem deren Wahrnehmung über den Sender in die erwünschte Richtung gelenkt wird.
Oder einfacher: OAP hilft WHK- oder P2- Hörern, innerhalb kürzester Zeit zu verstehen, wofür der Sender steht und was sie bei diesem erwarten können. Im besten Fall hilft die OAP, diese zu P1 Hörern zu machen.
Laut Henriette Hoffmann, Ehrenmitglied der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (agma) und zuvor mehr als dreißig Jahre lang gewählte Marktforscherin für Audio/Radio in selbiger „…werden im Durchschnitt 4,5 Sender im WHK, also innerhalb von vier Wochen, gehört“.
Die Chance, dass sich Hörer plötzlich „zu uns verirren“ ist also hoch! Sender, die sich nicht ausreichend um ihre OAP kümmern, sind oft nur P2 Sender, zu denen man umschaltet, wenn auf dem Stammsender der Song nicht gefällt oder der Moderator etwas erzählt, was einen nicht interessiert – eben, weil man nicht so ganz genau weiß, wofür der Sender steht.
„Aber das weiß doch jeder, was wir machen“ – denkt der geneigte Programmchef. Oh nein! Radio ist nicht so wichtig, wie wir denken: es ist kostenlos und in Unmengen jederzeit verfügbar… dazu kommen unzählige Marketingbotschaften unzähliger Marken, die uns jeden Tag erreichen wollen. Verschiedene Blogs und Webseiten inklusive ChatGPT behaupten, es wären zwischen 3.000 und 10.000 Werbebotschaften, die jeden Tag um unsere Aufmerksamkeit konkurrieren.
Auf der Webseite des britischen Billboard-Anbieters 75Media berichtet der Gründer Paul Inman in einem Blogbeitrag von einem Experiment des Marketingexperten Ron Marshall, der selbst verifizieren wollte, wie vielen Werbebotschaften pro Tag er tatsächlich ausgesetzt ist. „Im Laufe dieser Untersuchung stieß er auf erstaunliche 487 Anzeigen und Werbebotschaften, bevor er sein Frühstück beendet hatte“.
Durch diesen Marketing-Lärm müssen wir mit unseren USPs durchdringen. Und das funktioniert nur mit einem guten Plan und nicht mal eben so nebenbei…
Eine gut ausgerichtete, strategische On-Air-Promotion erledigt diese USP-Kommunikation über Elemente und Moderation, wobei natürlich beides aufeinander abgestimmt sein muss. Zur OAP gehört ausdrücklich auch die Moderation. Jeder Moderator ist also auch Markenbotschafter und betreibt „Branding on Air“.
Die häufigsten Fehler in der OAP:
- Statisch aufgesagte Claims oder Liners ohne Spaß, Emotion und vor allem ohne Beweis.
- Falsche Gewichtung. Kürzlich beim Hitsender meines Vertrauens innerhalb nur einer Stunde: viermal ausführliche Hinweise auf die Major Promotion, ein Hookpromo, das die Musik erklärt, zwei kurze Musicsells und ein kurzer Musikteaser mit Claim. Für meine Ohren war die Major Promotion prominenter als die Musikpositionierung.
- Fehlende Abstimmung von Elementen und Moderation. Wenn z.B. die Anchorwoman im Showopener eine Comedy teast und der Opener mit dem Musikclaim gestingert wird (ohne dass eine Musikverkaufe vorher erfolgte), macht das wenig Sinn und ist nur sinnloses Geclaime. Oder: die Major läuft im Promo um halb und fünf Minuten später redet der Moderator schon wieder darüber…
- Bevorzugung von „Lieblings-Elementen“. Der Name eines Moderators ist eben nicht so wichtig, wie die Musikpositionierung… oder die Botschaften der Lieblings-Elemente ergeben eine falsche Gewichtung.
- Zu viele unterschiedliche Botschaften. Wenn Gewinnspiele, Morgenshow, lokale Infos, aktuelle Hits, viel Musik, viel Abwechslung, Spezialsendungen, diverse Sales Promotions parallel promoted werden, sind das zu viele Bälle, die der Hörer fangen soll. Am Ende bleibt gar nichts hängen.
Ist die OAP aber zielgerichtet, ausgewogen, wird mit Spaß präsentiert und sinnvoll umgesetzt, ist sie der preiswerteste Weg, seinen Marktanteil zu erhöhen. Denn eine gute OAP tut alles dafür, den WHK maximal in Stammhörer zu konvertieren.
Um diese maximale WHK-Konversion zu erreichen, muss der Sender natürlich vieles richtig machen – dazu gehören die Morgensendung, der Unterhaltungsanspruch und natürlich vor allem die Musik. Wenn das alles stimmt, ist eine optimale OAP der wichtigste Schritt zu maximalem Erfolg und unerlässlich
- für den Aufbau einer Marke,
- für das Ausbauen des eigenen Erfolgs und
- für das Halten und Erweitern einer Marktposition.
Oder kurz: On-Air-Promotion ist Markenbildung on Air und der preiswerteste Weg die Hörerzahlen zu steigern.
Zeit, die eigene OAP mal wieder zu prüfen…
Viel Erfolg dabei!
Deine Yvonne

Yvonne Malak
Das Moderationshandbuch: Alles, was Radio-Profis wissen müssen
201 Seiten
ISBN 3848782723
39,00 € Nomos
Yvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 01. Juni 2025.
Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/