Werbezeitenreduzierung beim WDR kommt nicht – radio NRW: „nicht nachvollziehbar“

Vom Tisch ist mittlerweile die einst geplante zweite Stufe der Werbezeitenreduzierung beim WDR, es bleibt bei der aktuellen Regelung, nach der auf bis zu zwei WDR-Wellen maximal 75 Minuten Werbung werktäglich im Jahresdurchschnitt laufen darf. Die NRW-Landesregierung hat in einem wissenschaftlichen Gutachten die Auswirkungen auf den WDR und den privaten lokalen Hörfunk untersuchen lassen. Die erste Stufe der Werbereduzierung, die am 1.1.2017 in Kraft trat und in deren Folge seitdem WDR 4 werbefrei ist, habe nicht dazu geführt, dass Werbungtreibende nennenswert Werbebudget zu den Lokalhörfunksendern oder radio NRW verschoben haben, konstatiert das Evaluierungsgutachten. Man könne aber davon ausgehen, dass dem WDR seit 2017 rund 4 Millionen Euro pro Jahr an Werbeeinnahmen entgangen seien, heißt es weiter.

Würde 2021 die ursprünglich geplante und von der rot-grünen Vorgängerregierung im Gesetz verankerte weitere Werbereduzierung durchgeführt, läge dem Gutachten zufolge für den Fall, dass der WDR auf Werbung bei 1live verzichten würde, das daraus resultierende Umsatzpotenzial für die Lokalradios zwischen 1,1 Millionen Euro bis 2 Millionen Euro. Wenn WDR 2 von der Reduzierung betroffen wäre, würde der Lokalradioverbund etwas stärker profitieren – laut Prognose des Gutachtens läge dann das zusätzliche Umsatzpotential zwischen 2 Millionen Euro und 3,5 Millionen Euro. Dem WDR würden demnach ab 2021 aber Werbeumsätze von schätzungsweise 28 Millionen Euro pro Jahr entgehen, also insgesamt 32 Millionen Euro pro Jahr gegenüber der Situation vor 2017. Es sei zudem davon auszugehen, dass weiteren ARD-Anstalten indirekt durch die geringere Buchung von nationalen Radio-Werbekombis Umsatzverluste drohen würden. Nehme man die Perspektive der Werbungtreibenden ein – so das Gutachten weiter -, entstünde ein „Gattungsschaden, da das Werbeangebot im Radio deutlich verknappt würde, Reichweiten verloren gingen, Werbung im Radio also weniger attraktiv wäre.“

Auch mit Blick auf die Debatten um die künftige Höhe des Rundfunkbeitrags wurde eine neuerliche Werbezeitenreduzierung beim WDR-Hörfunk nun von der nordrhein-westfälischen Landesregierung ad acta gelegt. Die erste Stufe der Werbereduzierung – also die Werbefreiheit von WDR4 – soll aber beibehalten werden. Das WDR-Gesetz soll nach dem Willen der Landesregierung entsprechend geändert werden.

Radio NRW: Gutachten in wesentlichen Punkten nicht nachvollziehbar

Bild: radio NRW

Bei radio NRW ist man wenig begeistert von dem angekündigten Schritt der Landesregierung. „Wir bedauern dabei natürlich sehr, dass die für einen fairen Wettbewerb in NRW wichtige zweite Stufe der WDR-Werbezeitenregulierung jetzt offenbar wieder zurückgenommen werden soll. Die Ergebnisse des für diese Entscheidung angeführten Gutachtens des Beratungsunternehmens ,Brain Gesellschaft für Marketing und Media mbH‘ können wir in einigen wesentlichen Punkten nicht nachvollziehen“, sagt Sven Thölen, Geschäftsführer von radio NRW. Das Gutachten prognostiziere – so die Sicht von radio NRW – einen deutlich zu großen Rückgang der Werbeeinnahmen beim WDR. Auch die Aussagen zu möglichen Gattungsschäden – also den Abfluss von Werbebudget in andere Bereiche wie die Online-Werbung – seien zu isoliert auf Nordrhein-Westfalen betrachtet worden. Daran, dass zumindest die bereits seit 2017 umgesetzte erste Stufe Bestand habe, werde aber deutlich, dass es der Landesregierung wichtig sei, die Vielfalt des Lokalfunks in NRW zu erhalten. So verstehe man auch die strukturellen Überlegungen zu Vergabekriterien terrestrischer Übertragungsfrequenzen. „Um es deutlich zu sagen: Neben diesen strukturellen Rahmenbedingungen braucht der NRW-Lokalfunk auch Entwicklungsmöglichkeiten, um die wirtschaftliche Voraussetzung hierfür zu schaffen. Dies wird ohne faire Wettbewerbsbedingungen und den Ausbau von lokalen, journalistischen Produkten nicht möglich sein“, so Thölen weiter.

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