Yvonne Malak: Gute Laune = guter Inhalt

Im Herbst 2020 gute Inhalte zu produzieren ist eine noch größere Herausforderung als in der „Vor Corona Zeit“ – zumindest für das kommerzielle (Unterhaltungs-) Radio, das auf Einschaltquoten angewiesen ist. Erfolgreiche Content-Produktion im Herbst 2020 heißt für Unterhaltungsmedien vor allem: weniger ist mehr und gute Laune steht über allem.

Zwei Gründe dafür gelten schon immer:
Der Wettbewerb (kein Sender ist der alleinige „Unterhalter“ seiner Hörer…) und die Erwartungen der Hörer an Unterhaltungsmedien (mehr dazu weiter unten).
Der dritte Grund ist neu und betrifft natürlich das seit einem halben Jahr alles bestimmende Thema „Covid 19“

Kurz zum Punkt „Wettbewerb“:
Ich habe den Eindruck, dass sich nicht alle Radiomacher bewusst sind, dass alles, was wir senden, zeitgleich mit Millionen Alternativen konkurriert. Zunächst mit einem Besttester Song bei der Konkurrenz, einer beliebten Comedy bei einem weiteren Wettbewerber, dazu mit den neuesten Podcasts auf Spotify, mit YouTube und vielem mehr… Die bessere Unterhaltung ist nur einen Knopfdruck oder Klick weit entfernt.

Wer das nicht berücksichtigt, begeht regelmäßig ganz freiwillig und eigenverantwortlich Quotenselbstmord.
Wir geben Unsummen für Marktforschung und Musiktests aus, aber es gibt immer noch Radiostationen, die wie vor 30 Jahren Beitrags-Plätze füllen und dabei die wesentlichen Aufgaben des Unterhaltungsradios übersehen:

1. Der Nebenbei-Nutzung gerecht zu werden

2. Den eh schon stressigen Alltag der Hörer angenehm zu begleiten und dabei vor allem die Erwartungen der Hörer an Unterhaltungsmedien zu erfüllen- (siehe auch hier: https://docplayer.org/40214543-Unterhaltung-seminar-kommunikations-und-medienpsychologie-dozent-benjamin-lange-referenten-bettina-schattel-diana-rust.html) :
– Gute Laune erzeugen
– Gute Laune verlängern
– Schlechte Laune in gute umzuwandeln.
Oder kurz: positives Mood-Management.

Ich sage meinen Coachees zu diesem Thema immer: „wenn du sicher bist, dass dein Inhalt genauso stark ist, wie Ed Sheeran beim Wettbewerb und die Zeit, die er braucht, auch trägt, dann sende ihn!“…

Bei allen o.g. Anforderungen („gute Laune verlängern bzw. erzeugen, schlechte Laune in gute Laune umwandeln, den Alltag positiv begleiten“), schließt sich eines von selbst aus: Runterzieher zu senden. Denn diese sind nicht die Aufgabe eines Unterhaltungsprogrammes – und ausschließlich über diese Art von Programm schreibe ich hier. Für Infoprogramme gilt ein Zitat der Medienwissenschaftlerin Prof. Alexandra Borchart, die ich bei einer Diskussionsrunde zum Geburtstag des rbb Inforadios kennenlernen durfte: „Journalismus muss schlechte Laune machen, denn“, so sagte Borchart sinngemäß weiter, ohne einen gewissen Leidensdruck gebe es keine Veränderung.

Deshalb lautet die Anforderung unserer Hörer an ihren Musiksender: Erwartungen an das „Gute Laune Machen“ erfüllen…
Unterhaltet eure Hörer, bietet ihnen positive Geschichten und wenn ihr keine findet, sendet einen guten Song!

Weitere Belege für die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme zeigen die folgenden beiden Studien:

Das Reuters Institut zeigt in einer aktuellen Untersuchung aus Großbritannien eine signifikante Steigerung eines „Nachrichtenvermeidungsverhaltens“. Bei der Befragung gaben im Mai 2020 ganze 59% aller befragten Erwachsenen an, Nachrichten sehr oft oder wenigstens gelegentlich bewusst aus dem Weg zu gehen (im Radio nennt man das „Abschalten“). Einen Monat zuvor waren es „nur“ 49%.

86% dieser Nachrichtenvermeider taten dies, um Corona-Infos aus dem Weg zu gehen.

Als Grund dafür nannten diese 86% zu zwei Dritteln: diese Nachrichten machten ihnen schlechte Laune…

Das Institut Kantar macht seit Jahren eine Studie zum Mood-Management durch Mediennutzung.

https://www.kantartns.de/presse/pdf/autorenbeitraege/2018-12-06-engel-geisslitz-in-the-mood-pua-6-2018.pdf

In der untenstehenden Grafik zeigt sich dabei eindeutig die Motivation das Radio einzuschalten (und nach wie vor entfallen ca. 90% der Nutzung auf die klassischen Musiksender!): „sichere Freude ohne emotionales Risiko“, „Entspannung und Ruhe statt Erregung“.

Lasst uns in diesem Herbst also weiterhin die Good-Mood-Manager sein. Für die negativen Meldungen und die Runterzieher haben wir sowieso alle eine regelmäßige Benchmark: die Nachrichten…
Viel Spaß beim Gute-Laune-Verbreiten,

Ihre
Yvonne Malak

Yvonne Malak
Die Morgenshow
256 Seiten, 17 Abb., Broschur
ISBN 978-3-86962-431-0
24,00 € Herbert von Halem Verlagsgesellschaft
https://www.halem-verlag.de/die-morgenshow/

www.my-radio.bizYvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 01. Oktober 2020.

Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/

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