Yvonne Malak: Die Kunst des Teasens (Teil 1)

„If you don’t know, what’s coming up – how shall the listener know?“
Dennis Clark, Vice President Talent Coaching iheart media

Sechs Stunden hat der letzte Teasing-Workshop gedauert, den ich für einen landesweiten Sender machen durfte… Sechs Stunden nur über Teasing reden? Warum nur? Weil gutes Teasing so viele Aspekte und Hintergründe hat und weil es jede Menge Tricks gibt, wie man das Teasing noch effektiver gestalten kann. Die Basics dazu verrate ich dir hier – keine Sorge: das Lesen dieser Kolumne dauert keine sechs Stunden 😊

Zunächst einige Zahlen zur Erinnerung: Radionutzung über den Tag erfolgt in mehreren, durchschnittlich 20–30 Minuten langen Einheiten!

Durch das „Portable People Meter“ (kurz PPM), das in großen US-Märkten die Einschaltquoten mittels eines Geräts misst, das Radiosignale empfängt und dann einzelnen Sendern zuweist, weiß man, dass Hörer im Schnitt fünf- bis sechsmal am Tag einen Radiosender ein- bzw. ausschalten. Und wieder einschalten (Arbitron 2013).

Der durchschnittliche deutsche Radiohörer nutzt zwischen vier und fünf Radiosender innerhalb eines Monats (4,4 Sender im WHK laut MA 2025/II) das sind vier bis fünf Sender, zu denen er gelegentlich umschaltet.

Wenn wir also unseren Hörer, dessen Verweildauer und damit unsere Viertelstundenreichweiten nicht unnötig an einen der Sender abgeben wollen, mit dem wir uns diesen Hörer teilen, brauchen wir immer wieder neue Impulse zum Dranbleiben bzw. Wiedereinschalten. Diese erzeugt man am effektivsten und elegantesten durch gekonntes Teasing.

Jeder Teaser hilft beim Erreichen verschiedener Ziele. Dabei ist es wichtig, sich bewusst zu sein, dass Produkte über ihre Images funktionieren und dass es die Aufgabe von uns Radiomachern ist, das Produkt „Sender XY“ im Gefächtnis des Kunden zu positionieren.

Deshalb hat jeder gute Teaser grundsätzlich einen positiven Effekt: einen Effekt auf die Wahrnehmung des Produktes in den Köpfen der Konsumenten.

Wer heute nicht dafür sorgt, die entsprechenden Images in den Köpfen der Hörer zu verankern, wird morgen von anderen Produkten (noch weiter) verdrängt werden.

Teaser können viele Ziele erreichen
Ziel 1: Imageaufbau und damit WHK-Konversion
Würden innerhalb unseres WHK nur 30 Prozent mehr der Gelegenheitshörer wissen, wofür unser Sender eigentlich steht – was würde dann wohl mit den Ratings passieren? Sie würden steigen!

Die Morgensendung hat eine großartige neue Personality-Benchmark rund um die Anchorwoman und deren Ehemann? Unbedingt teasen und damit Images dafür aufbauen!

„Dein“ Sender spielt nonstop die besten aktuellen Hits aus den gerade angesagten Genres? Auch hier: teasen und damit Images für die wichtigen Genres aufbauen.

Ziel 2: Verlängerung der Verweildauer
Die Verweildauer wirkt sich direkt auf die Stundennettoreichweite aus. Was würde also passieren, wenn jeder unserer P1-Hörer nur fünf Minuten länger hören würde? Die Ratings würden steigen.

Genauso erfolgversprechend wie dieses vertikale Teasing ist ein horizontales Teasing auf die gleiche Sendezeit an einem anderen, vorzugsweise am folgenden Tag. Damit wären wir bei…

Ziel 3: Erhöhen der Anzahl der Stammhörer
Wer am Montag um 15:45 Uhr hört, hat höchstwahrscheinlich auch Dienstag oder Mittwoch die Gelegenheit, den Sender um 15:45 Uhr einzuschalten. Und wer an mehr als vier Tagen pro Woche einen Sender hört, zählt zu den besonders wichtigen Stammhörern. Dieses horizontale Teasing sollte zum Standard einer guten Radioshow gehören.

Ziel 4: Benchmarks wachsen schneller
Viele Sender arbeiten z.B. mit Musikbenchmarks, die bestimmte Genres oder Dekaden pushen oder die Musikkompetenz stärken sollen. In den Marktforschungen schneiden (gut gemachte) Musikbenchmarks in der Regel gut ab. Noch hilfreicher für das Produkt werden sie dann, wenn sie schnell bekannt werden – auch dabei kann Teasing helfen.

Das gilt natürlich auch für alle anderen regelmäßig wiederkehrenden Inhalte.

Ziel 5: Teasing ist ein Erinnerungs-Booster für die MA
Solange ein Großteil der Radioreichweite per Erinnerung gemessen wird, ist es wichtig, dass Hörer sich an „ihren“ Radiosender erinnern. Das Teasen von Benchmarks und Inhalten mit Uhrzeiten hilft dabei immens. Wenn man regelmäßig dieselbe Benchmark „um 07 Uhr 07“ teast, hilft das den Hörern bei der Erinnerung innerhalb der MA-Abfrage.

Formen des Teasings
Klassisches Musik-Teasing
Es ist ein Irrglaube, dass klassisches Musik-Teasing (z.B. im Opener oder vor der Werbung) vor allem dafür eingesetzt werden sollte, um die Hörer dazu zu bringen nach der Werbung den aktuellen Song von The Weeknd zu hören. Wenn der Hörer dafür dranbleibt, ist das super. Der eigentliche strategische Hintergrund für Musik-Teasing ist aber der Imageaufbau für eine bestimmte Art von Musik. Deshalb macht es auch Sinn z.B. in einem Showopener mehr als einen Song zu teasen und so die Mischung zu promoten, für die ein Sender steht bzw. stehen will.

All das trägt zum Imageaufbau für die wichtigen musikalischen USPs bei.

Im Gegensatz zum Content-Teasing macht eine zeitliche Verabredung im Musik-Teasing keinen Sinn – es geht ja nicht darum, dass jemand drei Minuten dranbleibt, um „die wunderbare Stimme von Ariana Grande“ zu hören, sondern um Imageaufbau. Davon abgesehen, würde es furchtbar klingen, diese Musikteaser mit einer zeitlichen Verabredung zu versehen.

Content-Teasing
Während sich das klassische Musik-Teasing immer auf die direkt folgenden Songs bezieht, gibt es für das Content-Teasing eine Menge zeitliche Spielarten.

Aber ich hatte eingangs ja versprochen, dass das Lesen dieser Kolumne keine sechs Stunden beanspruchen würde. Deshalb mehr zum Content-Teasing und zu den optimalen Verabredungen für die unterschiedlichen Teasing-Formen dann im nächsten Monat…

Bis dahin: viel Spaß beim Teasen,

Deine Yvonne

Yvonne Malak
Erfolgreich Radio machen
296 Seiten
ISBN 3744521044
39,00 € Herbert von Halem Verlag
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Yvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 01. November 2025.

Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/

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