Yvonne Malak: Die 5 Phasen einer neuen Show – Von ersten On Air Dates und dem weiteren Kennenlernen

Eine der schönsten Seiten meiner Tätigkeit ist das Arbeiten mit jungen Talenten. Vor allen Dingen mit den Superkreativen – mit denen, die gleich von Anfang an alles wollen.

Dabei gehen Moderationspersönlichkeiten und Morningshowteams durch ähnliche Phasen wie junge Paare vom Kennenlernen bis zur festen Bindung oder wie neue Freunde von der ersten Begegnung als Bekannte bis zum gemeinsamen Kochen Zuhause als enge Freunde.

Ich will mit einem Negativbeispiel beginnen. Seit einiger Zeit arbeite ich mit einem wirklich begabten Moderatorenteam, das trotz allen Talents bei seinen Hörern einfach keine ausreichende Beliebtheit erlangen will. Warum? Weil die beiden es gründlich versaut haben, einen guten ersten Eindruck zu machen. Sie sind gleich mit der Tür ins Haus gefallen und haben es mit unkonventionellen persönlichen Details und Haltungen geschafft, bei ihrer Zielgruppe in einem ländlichen, konservativ geprägten Gebiet in Sachen Sympathie „durchzufallen“. Eine einzelne exzentrische Geschichte oder Haltung hätten die Hörer dem Team vielleicht verziehen, möglicherweise auch zwei oder drei. Aber nachdem das Publikum mehrfach Dinge gehört hat, die zu schräg, zu grenzwertig oder zu privat für den Anfang waren, haben große Teile der Hörerschaft diesen beiden keine weitere Chance gegeben, ihre Herzen zu erobern.

Sie sind neu on air? Dann machen Sie es besser!

Phase 1 – der erste Eindruck.
Es ist wie im richtigen Leben – man bekommt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck. Im Erstkontakt entscheidet sich die Sympathie. Also, liebe Moderatoren: genau wie bei der Schwiegermutter gilt im ersten Vierteljahr, beim Ersthörer einen möglichst „guten“ ersten Eindruck zu hinterlassen. Bzw. überlegen, wie – mit welchen Eigenschaften und Charaktermerkmalen – man wahrgenommen werden will…

In dieser Phase ist die Musik der größte Star der Show, gefolgt von ausgewählten Benchmarks, die die strategische Ausrichtung der Show spiegeln. In der Kommunikation der Charaktermerkmale gilt auch hier: weniger ist mehr. Wofür wollen Sie stehen? Wie wollen Sie wahrgenommen werden? Beschränken Sie sich auf die vier, fünf wichtigsten Merkmale.

Phase 2 – man lernt sich kennen.
Auch hier gilt, den Charakter vor allem durch die feststehenden Programm-Elemente zu zeigen. Noch haben Sie sich nicht stark genug „in die Herzen der Hörer moderiert“, um (öfter bzw. stark) polarisieren zu können. Ergänzen Sie die wesentlichen Charaktermerkmale um kleine Besonderheiten oder Schwächen (kann sich bei Schokolade nicht beherrschen, kauft öfter mal sinnlose Gadgets via Teleshopping) und denken Sie an die Schwiegermutter… in der Kennenlernphase mit der Schwiegermutter reden Sie wahrscheinlich auch nicht über Po-Tattoos und Ihre Vorliebe für Fetisch-Partys.

Phase 3 – weitere Annäherung.
Nach einigen Monaten zeigt man etwas mehr von sich, feinere Merkmale, mehr Details aus dem Leben, kleine Geschichten. Vielleicht auch das eine oder andere schräge Detail. Wenn man das gut macht und den Hörer damit in seiner Lebenswelt „trifft“, beginnt man „sich in die Herzen der Hörer zu moderieren“ und landet in

Phase 4 – Sympathie.
Die Hörer fangen an, einen zu mögen. Bis es soweit ist, kann aber durchaus ein Jahr oder mehr vergehen. Jetzt ist der Moderator „im Herzen der Hörer angekommen“ und kann (endlich) seine schrägen Seiten zeigen. Auch die Jugendsünde des Ernie-und-Bert-Tattoos kann in dieser Phase gebeichtet werden, ebenso wie die Vorliebe für polarisierende Dinge wie schnelle Autos.

Phase 5 – Einschaltgrund.
Jetzt wird der Moderator (oder die Morgenshow) zu einer Marke. Die Hörer entscheiden sich nicht mehr für den Sender Z 100, sondern für die Elvis Duran Show. Sie entscheiden sich nicht mehr wegen der Musik und der Benchmarks für eine bestimmte Show, sondern wegen des Moderators bzw. der Persönlichkeiten. Gerade bei Morgenshows gilt jetzt: der Sender kann sein maximales Wachstumspotential ausnutzen. Denn nun wird die Morgenshow auch (ca. 20 Prozent) Hörer haben, die die Musik „ertragen“, obwohl sie sie nicht mögen, die aber die Show keinesfalls vermissen wollen.

Bis ein Moderator oder eine Morgenshow in Phase 5 angekommen ist, sollten Sie ca. ein bis zwei Jahre einkalkulieren. Das ist scheinbar eine lange, anstrengende Zeit. Aber nur scheinbar. Denn erstens wird die Mühe belohnt werden. Und zweitens: in Wirklichkeit geht so ein Jahr doch rum wie nix…q.e.d.
In diesem Sinne: ein wunderbares Jahresende und einen gesunden und fröhlichen Start ins neue Jahr!

Ihre
Yvonne Malak

P.S.: Das alles klingt für Sie zu verkopft? Das Negativ-Beispiel aus dem Einstieg ist eine ganz aktuelle Geschichte… mit ungewissem Ausgang für die Besetzung der Show.

UVK_GR_ErfolgreichRadioMachen_Malak_Umschlag_150327.inddYvonne Malak
Erfolgreich Radio machen,
320 Seiten, 25 farb. Abb., Klappenbroschur
ISBN 978-3-86764-553-9
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http://www.uvk.de/isbn/9783867645539

www.my-radio.bizYvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 01. Januar 2019.

Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/

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