Technische Innovationen mit small-scale DAB aus Rheinland-Pfalz

Die Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) Rheinland-Pfalz präsentierte heute im Rahmen des „LMK-MedienColloquium Technik“ ein innovatives Projekt zur Erleichterung des Einstiegs gerade für Lokalradios und Bürgermedien in die digitale Welt. Vorgestellt wurde ein portabler DAB-Hörfunksender „ODR2go“, der preisgünstig zu beschaffen, einfach zu bedienen und betriebssicher zu betreiben ist und der daher gerade für den lokalen Hörfunk und für Veranstaltungsradio interessant ist. Über 50 Fachleute und Entscheidungsträger aus dem privaten und öffentlich-rechtlichen Hörfunk, Forschung, Wissenschaft und Industrie informierten sich über diese bundesweit erstmals vorgestellte Idee und diskutierten, inwieweit das hier vorgestellte small-scale DAB-Konzept eine geeignete Methode für DAB-Sendeanlagen auch in deren Ländern darstellen kann.

In einigen europäischen Ländern werden DAB-Sender für die lokale Hörfunkversorgung unter dem Begriff small-scale DAB betrieben, die mit der Open Source-Software ODR-mmb-Tools für den Multiplexgenerator gesteuert werden. Die Schweizer Organisation Opendigitalradio betreut den Einsatz und die Weiterentwicklung dieser frei erhältlichen Software mit einer internationalen Community.

Die LMK hatte sich schon seit längerer Zeit in Kooperation mit der Hochschule Kaiserslautern und der TU Kaiserslautern mit der Eignung des small-scale DAB-Senderkonzepts für den lokalen Hörfunk intensiv beschäftigt. In einer studentischen Arbeit wurde 2013 ein erster portabler, digitaler Hörfunksender für DAB und DRM+ im VHF-Band III aufgebaut.

Im Jahr 2016 wurden in Kooperation zwischen der LMK und der Hochschule Kaiserslautern zwei studentische Arbeiten zur Optimierung des small-scale DAB-Konzepts durchgeführt. Diese hatten das Ziel, die Konfiguration und den Betrieb des DAB-Multiplexgenerators mit den ODR-mmb-Tools über eine Benutzeroberfläche bedienungsfreundlicher zu machen und mit dem Bau eines weiteren DAB-Koffersenders „ODR2go“ die Betriebssicherheit des DAB-Senders und die DAB-Signalqualität gegenüber dem bisherigen Aufbau zu erhöhen.

„Die LMK führt seit Jahren richtungsweisende und international anerkannte technische Arbeiten für den digitalen Hörfunk mit DRM+ und DAB+ mit unseren Partnern in Kaiserslautern durch“, betonte LMK-Direktorin Renate Pepper in ihrer Begrüßung. „Mit diesem aktuellen Projekt ist es gelungen, einen preisgünstigen DAB-Sender aufzubauen, der mit der neuen Benutzeroberfläche auch für die lokalen Hörfunkveranstalter und Bürgerradios einfach zu bedienen ist. Damit kann eine bezahlbare und betriebssichere digitale Sendeinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden, um den Zugang, gerade für die kleinen Veranstalter, zu einer digitalen Hörfunk-Ausstrahlung zu erleichtern.“

Joachim Lehnert, Leiter der technischen Abteilung der LMK, erläuterte in seinem Impulsvortrag, dass es die besondere Anforderung für den Aufbau des digitalen Hörfunksenders für DAB im VHF-Band III schon in 2013 war, diesen nicht nur stationär für Lokalradios, sondern auch ortsunabhängig während Special Events einsetzen zu können. Deshalb wurde der DAB-Multiplexgenerator (der hauptsächlich aus einem Linux-Server und ODR-mmbTools besteht) und die VHF-Sendeeinheit (mit einem 100 W-DAB-Sender) in funktional getrennten, rollbaren Flightcases eingebaut, die über ein Netzwerkkabel verbunden werden. Damit kann der DAB-Multiplexgenerator in den Studioräumen und die VHF-Sendeeinheit abgesetzt in der Nähe der Antenne untergebracht werden. Die Stromversorgung wird über eine haushaltsübliche Steckdose realisiert. In den Einsätzen des Senders bei Veranstaltung habe sich aber gezeigt, dass Optimierungsbedarf besteht, da die Sendeeinheit nicht immer stabil lief und die Einstellung des Multiplexes über die Kommandozeileneingabe nur mit besonderen Linux-Kenntnissen möglich war. Daher war es erfreulich, dass mit Immanuel Friedrichsen ein Student der Hochschule Kaiserslautern gefunden wurde, der genau diese Verbesserungen in studentischen Arbeiten umgesetzt hatte.

Immanuel Friedrichsen stellte danach den neuen 2-Koffer-Sender „ODR2go“ vor, den er in seiner Praxisphase in der LMK 2016 aufgebaut hatte. Das bewährte Aufbauprinzip mit der Trennung der Multiplexeinheit mit den ODR-mmb-Tools und der VHF-Sendeeinheit mit dem DAB-Sender blieb zwar erhalten, die Ausmaße konnten aber durch die Verwendung kompakterer Komponenten deutlich verringert werden. Wesentlich aber ist die verbesserte Performance und Betriebssicherheit der VHF-Sendeeinheit durch Einsatz eines professionellen DAB-Senders anstatt des bisher verwendeten DAB-Modulators und VHF-Frequenzumsetzer „USRP“ der Firma ETTUS zur Ansteuerung einer separaten Linearendstufe. Die wesentlich bessere DAB-Signalgüte wurden in Laboruntermessungen bestätigt, die Herr Professor Dr. Andreas Steil, Hochschule Kaiserslautern, anschließend vorstellte.

Aus der Praxis für die Praxis berichtet Markus Bresch, Technischer Leiter bei Radio Karlsruhe, über den erfolgreichen Einsatz des Senders im Kinderferienprojekt KARLOPOLIS in 2015 und 2016 durch „die neue welle“, Karlsruhe. Die Kinder gestalteten in den Sommerferien ein eigenes Radioprogramm, das über den DAB-Koffersender auf dem Veranstaltungsgelände ausgestrahlt und mit DAB-Radios, die in der Kinderstadt verteilt waren, empfangen wurde.

Danach zeigte Immanuel Friedrichsen anhand eines praktischen Beispiels die Konfiguration und Bedienung der ODR-mmb-Tools über eine Benutzeroberfläche, die er im Rahmen seiner Bachelorarbeit an der Hochschule Kaiserslautern programmiert hatte. Damit ist es möglich, einen DAB-Multiplex mit den ODR-mmb-Tools mit sämtlichen DAB-relevanten Einstellungen fehlerfrei und standardkonform ohne tiefgreifende Linux-Kenntnisse intuitiv zu konfigurieren, zu starten und einen DAB-Sender über verschiedene Schnittstellen anzusteuern.

Eine Live-Ausstrahlung von verschiedenen Hörfunkprogrammen über den DAB-Sender „ODR2go“ im Kanal 12A zeigte eindrucksvoll die Betriebssicherheit des DAB-Koffersenders.

Lehnert stellte abschließend als Fazit der Arbeiten fest, dass die small-scale DAB-Konzepte endlich aus der „Bastelecke“ herausgekommen sind und eine betriebssichere Alternative für professionelle DAB-Sendeanlagen darstellen. Small-scale DAB-Sender werden seit ein paar Jahren produktiv in der Schweiz, in Großbritannien, Frankreich und Dänemark, auch in Gleichwellennetzen zur regionalen Versorgung, eingesetzt.

Dabei liege, so Lehnert weiter, die Kostenersparnis gegenüber professionellen DAB-Sendeanlagen nach den bisherigen Untersuchungen hauptsächlich in der DAB-Multiplexgenerierung mit den ODR-mmbTools. Hierfür kommt man bei einer einfachen Ausstattung mit 1.000 € für die Hardwarekomponenten auf, die Linux-Tools sind kostenfrei. Je nach Aufwand im Aufbau können die Kosten durchschnittlich auf 3.000 € steigen. Für einen professionellen DAB-Contentserver sind mindestens die 10fachen Kosten einzurechnen. Die Kostenersparnis für einen small-scale-DAB-Sender gegenüber einem professionellen Senderaufbau ist allerdings nicht so hoch. Die Kosten für einen 100 W-DAB-Sender liegen bei Nutzung des USRP und einer Linearendstufe bei mind. 7.500 €. Sofern ein professioneller DAB-Sender mit hoher Betriebssicherheit und verbesserter Signalgüte verwendet wird, verdoppeln sich die Kosten auf ca. 15.000 €. Insgesamt ist dieses Konzept ein kostengünstiger und betriebssicherer Einstieg, auch für den eigenen Sendebetrieb von Veranstaltern.

Die Präsentationen der Referenten sowie die Berichte aller Untersuchungen und weitere Information finden sich auf der Projekthomepage www.drm-radio-kl.eu.

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