Tarifstreit bei Radio Hamburg: Mitarbeiter wenden sich mit offenem Brief an die Gesellschafter

Der Tarifstreit bei Radio Hamburg schwelt weiter. Die Gewerkschaften ver.di und DJV fordern für die 30 Mitarbeiter von Radio Hamburg einen Tarifvertrag. Die Geschäftsführung setzt stattdessen auf eine Betriebsvereinbarung. Die Fronten scheinen verhärtet. Die Gewerkschaftsinitiative hat nun, nachdem eine gesetzte Frist ergebnislos verstrichen war, einen offenen Brief an die Gesellschafter veröffentlicht. Auf der Kampagnen-Seite „Wir sind Radio Hamburg“ ist zu lesen: „Die deutliche Mehrheit der Radio Hamburg-Mitarbeiter kämpft weiter für eine gerechte Bezahlung.“ Da es weiterhin keine Gespräche zwischen Geschäftsführung und Tarifkommission gebe, wende man sich nun direkt an die Gesellschafter. Im Gesellschafterkreis von Radio Hamburg ist das Who’s who der (nord-)deutschen Medienwelt versammelt – Springer, Bauer, Bertelsmann, DuMont und mittelbar auch Madsack. „Wir beglückwünschen die Hörerinnen und Hörer, an die am Donnerstag spontan 50.000 Euro verlost werden! Wir sagen aber auch deutlich: Wer 50.000 Euro verlosen kann, kann auch einen Tarifvertrag finanzieren!“, heißt es in dem Statement der Mitarbeiterinitiative weiter.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind Radio Hamburg, mit uns als Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben Sie wirklich Glück. Jahr für Jahr erwirtschaftet Radio Hamburg verlässlich Millionengewinne. Sie haben sich an diesem Unternehmen eine Beteiligung gesichert, oder sind von Anfang an dabei und bekommen jedes Jahr entsprechende Gewinne ausgeschüttet. Das nennt man eine hervorragende Geldanlage!

Aber diese Gewinne verdienen sich nicht von selbst. Sie sind das Ergebnis unserer leidenschaftlichen Arbeit. Radio Hamburg ist ein Produkt, das von uns geschaffen wird. Von Menschen, die jeden Tag aufs Neue kreativ und engagiert dafür arbeiten.

Als Radio Hamburg im Jahre 2003 aus dem Tarifverband privater Rundfunk ausgetreten ist, wurde den Mitarbeitern versichert, dass sich dadurch nichts für sie verschlechtern wird, sondern die Konditionen auf Höhe des Entgelttarifs bleiben werden. Das entsprach leider nicht der Wahrheit. Seitdem sind die Einstiegsgehälter kontinuierlich gesunken, Urlaubs- und Weihnachtsgeld für neue Kollegen in den Verträgen nicht mehr enthalten. Turnusmäßige Gehaltsanpassungen werden immer seltener oder fallen ganz aus.

Nachdem unsere Bemühungen um Anpassungen erfolglos waren, haben wir die Tarifforderung gestellt. Das daraufhin ergangene Angebot einer Betriebsvereinbarung liegt deutlich unterhalb des Tarifvertragsniveaus. Damit sind wir angesichts der hervorragenden wirtschaftlichen Lage von Radio Hamburg nicht einverstanden. Wie der Gesetzgeber es vorsieht, fordern wir einen fair verhandelten Haustarifvertrag, vereinbart zwischen Verhandlungspartnern, die auf Augenhöhe agieren. Dafür steht unsere Tarifkommission bereit.

Wir wenden uns an Sie, weil Sie als Gesellschafter die Entscheidungen treffen. Sorgen Sie dafür, dass wir – mit angemessenen Gehältern – auch in Zukunft unseren Hörerinnen und Hörern gemeinsam ein erfolgreiches Programm liefern können!

Wir sind Radio Hamburg, mit uns haben Sie wirklich Glück! Sorgen Sie dafür, dass es so bleibt!

(Offener Brief auf der Kampagnen-Seite an die Gesellschafter Axel Springer Verlag AG, RTL Group, Heinrich Bauer Verlag KG, Lühmanndruck Harburger Zeitungsgesellschaft mbH & Co. KG (u.a. Madsack), Morgenpost Verlag GmbH (DuMont))

 

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