Der Kampf um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Israel geht in die nächste Runde. Die israelische Regierung wird in das Parlament, die Knesset, einen Änderungsantrag für das Mediengesetz einbringen. Damit soll der Start der geplanten neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt Kan („Hier“) auf den 30. April 2017 vertagt werden. Eigentlich sollte die neue Rundfunkanstalt schon zum Jahreswechsel auf Sendung gehen und Kan dann die bisherige Sendeanstalt Israel Broadcasting Authority (IBA) ersetzen. Das Kan-Management hatte auch signalisiert, dass es bereit sei am 1. Januar den Sendebetrieb aufzunehmen.
2014 war eine Medienreform auf dem Weg gebracht worden, welche die IBA durch eine schlankere und günstigere, aber auch unabhängigere und staatsfernere neue Anstalt ersetzen sollte. So lautete damals die Losung der Regierung Netanjahu. Die IBA war in den Augen ihrer Kritiker zu ineffizient – zu hohe Kosten, zu viel Personal und zu schwache Quoten im Fernsehbereich lauteten die Vorwürfe. Auch das Finanzierungsmodell wurde umgestellt und die TV- und Radiogebühr rückwirkend zum 1. Januar 2015 abgeschafft. Die neue Sendeanstalt soll stattdessen aus dem Staatshaushalt finanziert werden.
In den letzten zwei Jahren wurde also die neue Anstalt aufgebaut und dafür Personal angestellt, Gebäude gemietet und Führungskräfte angeworben. Doch diesen Spätsommer änderte Ministerpräsident Netanjahu seine Meinung und will die selber angestoßene Reform wieder einkassieren. Die neuen Mitarbeiter der Kan seien politisch mehrheitlich links und die Zusammensetzung zu wenig ausgewogen, heißt es jetzt aus Netanjahus Regierung. Die neue Sendeanstalt solle doch wieder stärker unter die Kontrolle der Regierung gestellt oder am besten gleich ganz eingestellt werden. Das Thema sorgte für Zwist innerhalb der Regierungskoalition, denn Finanzminister Moshe Kahlon wollte an dem vereinbarten Ablauf festhalten, auch weil erneute Änderungen für den Steuerzahler teuer werden könnten. Die nun beschlossene Verschiebung um vier Monate wird nach Information von „Haaretz“, die sich auf das Finanzministerium beruft, rund 37 Millionen Dollar kosten. Für diesen Zeitraum leistet sich Israel weiterhin zwei parallele Rundfunkanstalten – eine, die eigentlich abgewickelt werden sollte, und eine quasi virtuelle, die auf ihren Start warten muss. Laut „Haaretz“ dient der jetzige Schachzug der Netanjahu-Regierung hauptsächlich dazu Zeit zu gewinnen, um intern eine Lösung zu finden und die vom Ministerpräsidenten gewünschten Änderungen am Mediengesetz doch noch zu verabschieden. Was am Ende der Debatte stehen wird ist unklar, es gibt verschiedene denkbare Optionen. Die Abwicklung der Kan noch vor ihrem Start und ein Fortbestehen der schon totgeglaubten IBA in abgespeckter Form ist eine davon. Oder Kan darf starten, wird aber unter direktere Kontrolle der Regierung gestellt, wie sie diese aktuell noch bei der IBA ausüben kann. Man könne ja auch einfach ganz auf einen öffentlich-rechtlichen Sender verzichten, war laut „Jerusalem Post“ auch schon von Regierungsseite zu hören. Der Fall wird jetzt auch ein Thema für Israels Justiz – der Oberste Gerichtshof wurde angerufen und hat die Regierung gebeten ihm bis zum 1. Januar darzulegen, ob sie triftige Gründe für die Verschiebung nennen kann. Das Gericht kritisierte, wie die „Jerusalem Post“ weiter schreibt, in einer Stellungnahme, dass die Angestellten mit der Regierungsentscheidung in monatelange Unsicherheit gestürzt würden.
Die IBA betreibt aktuell den ersten israelischen Fernsehkanal und einen arabischsprachigen Sender. Kanal 1 sieht sich am stärksten Kritik ausgesetzt, da es im Schatten der privaten Konkurrenz (Kanal 2 und Kanal 10) steht. Die IBA betreibt dazu auch acht Radioprogramme – das Informationsprogramm Reschet Bet, das Kulturprogramm Reschet Alef, das Programm für israelische Musik Reschet Gimel, das hauptsächlich russischsprachige Einwandererprogramm REQA, das arabischsprachige Reshet Dalet, den Klassikkanal Kol Ha-Musika, das Popmusikformat 88 FM und das religöse Reschet Moreschet.