Lem.fm, das Radio für die lemkische Minderheit in Polen, kann auf zwei UKW-Frequenzen in Gorlice, östlich von Krakau, und im niederschlesischen Polkowice (Polkwitz) starten. Der polnische Medienrat hatte zwischen zwei Bewerbern zu wählen und entschied sich diesen Sommer für Lem.fm, das bereits seit einigen Jahren als Webradio sendet. Das ungewöhnliche, da völlig unzusammenhängende Sendegebiet, ist die Folge der heutigen Verstreuung der Lemken in Polen. Das Programm wird mehrheitlich auf Russinisch, einer Sprache mit großer Nähe zum Ukrainischen, moderiert werden. Hinter dem Projekt steht ein Verein der Minderheit, Ruska Bursa, aus Gorlice, der 1908 gegründet wurde.
11.000 Lemken leben laut der Volkszählung von 2011 in Polen, 7.000 von ihnen gaben Lemkisch als erste Zugehörigkeit an. Ein Blick in den Zensus zeigt, es gibt damit heute mehr Russen (13.000) und Amerikaner (12.000) in Polen als Lemken. Das eigentliche Siedlungsgebiet des Hirtenvolks liegt im Südosten Polens, in den Bergen der Beskiden und dem Bieszczady-Gebirge. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die Lemken ihre Dörfer verlassen. Polens Kommunisten siedelten die in Polens neuen Grenzen verbliebenen Lemken bis 1947 zwangsweise in die ehemaligen deutschen Ostgebiete, die Dörfer und Städte Schlesiens, Masurens und Pommerns, um. In den 1950ern konnten einige Familien u.a. in die Region um Gorlice zurückkehren. Die ehemaligen Gehöfte und Dörfer der Lemken liegen hingegen bis heute wüst.
Dieses Vertreibungsschicksal teilen die Lemken mit der ukrainischen Minderheit in Polen. Im Rahmen der „Aktion Weichsel“ wurden auch rund 150.000 Ukrainer, die nach der Westverschiebung Polens in Polen verblieben waren, aus dem Südosten vor allem in den Norden, das ehemalige Ostpreußen und Pommern, zwangsumgesiedelt. Polens damalige Regierung wollte die Ukrainer nicht an ihrer Grenze zur Westukraine haben, aus Angst vor einer Verbrüderung zwischen den Ukrainern beiderseits der Grenze. Den Partisanen, die noch immer für einen unabhängigen ukrainischen Staat kämpften, sollte so jeglicher Resonanzboden entzogen werden. Diese gewaltsame Vertreibung hat dazugeführt, dass eines der Zentren der ukrainischen Minderheit heute im äußersten Nordosten liegt – in der Gegend um Górowo Iławeckie (Landsberg/Ostp.) und Braniewo (Braunsberg). Dort wurde jetzt die UKW-Frequenz 100,7 MHz mit 2 Kilowatt Sendeleistung ausgeschrieben. Mit der Vorgabe im Programm Sendungen für die ukrainische Minderheit anzubieten. Beworben haben sich der Lokalsender Radio El und die Mediengruppen Radio Eska und Eurozet.