WDR: Kurzsichtige Entscheidung und schmerzhafte Einschnitte
WDR-Intendant Tom Buhrow zeigt sich enttäuscht: „Ich halte dies für eine kurzsichtige Entscheidung, die ausschließlich den Interessen der Verleger und unseren kommerziellen Radio-Konkurrenten folgt. Sie geht komplett zu Lasten des WDR. Das ist ein fatales Signal für unsere WDR-Kolleginnen und Kollegen, die in den letzten Jahren so hart dafür gearbeitet haben, unsere Strukturen schlanker aufzustellen.“
Seitdem Tom Buhrow das Amt des Intendanten übernommen hat, fahre der WDR einen strikten Sparkurs. Die Ausgaben des Senders seien um jährlich 60 Millionen Euro gekürzt worden. Bis 2020 würden in der Summe 500 Planstellen abgebaut.
Die heutige Entscheidung reiße ein zusätzliches Loch in die mittelfristige Finanzplanung des Westdeutschen Rundfunk und mache weitere Kürzungen nötig. Welche das sein werden, werde die Geschäftsleitung nun genau prüfen. „Diese Einschnitte werden schmerzhaft sein. Deshalb werden wir sie auch sorgfältig und vertrauensvoll mit unseren Aufsichtsgremien beraten“, betont Intendant Buhrow.
Tom Buhrow hat am Tag nach der Landtagsentscheidung WDR5 ein ausführliches Interview gegeben. Wieviel Geld dem WDR künftig fehlen wird, kann Buhrow noch nicht sagen, aber „es sind viele, viele Millionen auf den Zeitraum 2017 bis 2020. Unsere mittelfristige Finanzplanung muss dann angepasst werden. Und das wird bitter.“ Auch Einschnitte beim Programm sind denkbar, wie stark ist aber noch unklar. Buhrow erklärte aber, er wolle nichts ausschließen, auch nicht die Schließung einer Hörfunkwelle: „Das würde uns strategisch sehr schaden. Aber ausrechnen lassen werde ich alles, egal wie. Und dann werde ich strategisch bewerten, was Risiken und Nebenwirkungen einzelner Maßnahmen sind. Aber alles gehört zu dem, was ich mir vorlegen lasse.“ An die Adresse der Politik richtet Buhrow bei WDR5 den Appell, dass es „nicht zum Nulltarif“ gehe und die Politik „sich nicht einen schlanken Fuß machen“ könne, indem sie sage die Ausfälle seien einfach aus dem Budget zu stemmen: „Das sind keine Peanuts mehr, wir haben riesige Sparrunden hinter uns.“ Man habe die Ausgaben schon um insgesamt 60 Millionen pro Jahr gesenkt: „Wir haben genau das gemacht, was Politik und Gesellschaft immer fordern: uns verschlankt, sind billiger geworden und jetzt kommt das als Dank noch oben drauf.“
Privatradios: Mehr Ausgewogenheit im dualen System
Felix Kovac, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk: „Die heutige Entscheidung stärkt das nordrhein-westfälische Lokalradio“. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei mehr als genug durch den Rundfunkbeitrag finanziert. Kovac fordert noch im laufenden Jahr eine bundeseinheitliche Regelung für die ARD-Radiowerbung nach dem „NDR-Modell“ auf den Weg zu bringen.
Auch Klaus Schunk, Vorsitzender des Fachbereiches Radio und Audiodienste im Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT) zeigt sich erfreut:
„Mit der heutigen Verabschiedung des WDR-Gesetzes hat die NRW-Regierungskoalition eine wichtige Weichenstellung für eine bessere Ausgewogenheit im dualen System vorgenommen, die auch für andere Bundesländer richtungsweisend ist. Sie setzt damit eine langjährige VPRT-Forderung um, die mit Augenmaß die Korrektur von Fehlentwicklungen im dualen Radiosystem auf die politische Agenda gesetzt und dabei immer auch die Interessen der Gattung Radio insgesamt berücksichtigt hat. Die Zahlenspielereien des WDR und der Aufschrei der ARD-Vermarktungsgesellschaften ändert nichts daran, dass hier ein wichtiger Beitrag zu mehr Gerechtigkeit im Wettbewerb von öffentlich-rechtlichen und privaten Radioveranstaltern geleistet wurde, der der Gattung Radio auch in NRW nicht schaden, sondern den Lokalfunk stabilisieren wird.“
Auch der Vermarkter RMS begrüßt die Ankündigung der Landesregierung in NRW, wie Florian Ruckert, Vorsitzender der RMS-Geschäftsführung erläutert: „Die NDR-Werbepraxis ist aus unserer Sicht ein Modell mit Augenmaß, das in fünf norddeutschen Bundesländern seit Jahren erfolgreich funktioniert, ohne dass die Gattung Radio hier Schaden genommen hätte. Wir kennen natürlich die Bedenken unserer Marktpartner bezüglich der schwindenden Werbemöglichkeiten im öffentlich-rechtlichen Hörfunk und begegnen ihren Argumenten mit belastbaren Fakten.“
„Der NRW-Lokalfunk steht mit einem Programm drei werbetragenden Wellen des WDR gegenüber – sowohl im Hörermarkt als auch in der Vermarktung. Die Werbezeitenreduzierung ist ein erster Schritt für faire Wettbewerbsbedingungen und sichert die Zukunftsfähigkeit des NRW-Lokalfunks. Wir verstehen somit die Initiative der Fraktionen von SPD und GRÜNE als wichtiges Signal und Bekenntnis für einen starken NRW-Lokalfunk“ so Jan-Uwe Brinkmann, Geschäftsführer von radio NRW.