In London wird in Kürze ein weiteres DAB-Ensemble starten, Testsendungen laufen bereits. Neun Monate lang können dann freie Radios und Webradios in der britischen Hauptstadt im Digitalradio senden. Dort sind schon 61 Programme über DAB zu empfangen, jetzt wird das Programmangebot nochmal um acht Nischenformate anwachsen. Das ganze ist ein Testlauf der Medienanstalt Ofcom, der Erkenntnisse liefern soll, wie die Digitalradioverbreitung auch für freie Radios erschwinglich gemacht werden kann. In London will der Betreiber U.DAB auf Kanal 9A ein Gleichwellennetz mit zwei Sendern installieren.
Rinse FM – Piraten, Musiktrends und Apple
Mit dabei ist Rinse FM, das sich auf Grime, Dubstep, Garage, Jungle, Funky und House spezialisiert hat. Das DJ-Radio spielt, was an reichhaltiger Musikvielfalt in Londons Clubs entsteht. Der Sender begleitete dabei oft Musikstile und ihre Protagonisten bei ihrem Weg vom Underground in die Charts, um sich dann wieder neu zu erfinden und anderen Subgenres zuzuwenden. Rinse FM ist jetzt in seinem 21. Jahr, lange war man als illegales Piratenradio unterwegs. Wilde Zeiten, mit versteckten Antennen auf Hochhäusern im Osten Londons, immer im Wettrennen mit der britischen Netzagentur. Doch das ist schon länger Geschichte, nach jahrelangem Ringen sendet Rinse FM seit 2010 ganz offiziell als Community Radio auf der UKW-Frequenz 106,8 MHz. Julie Adenuga, die seit dem Neustart 2010 die Nachmittagsschiene moderierte, wechselte gar Anfang des Jahres zu Apples Beat1 und berichtet seitdem für das Webradio der Kalifornier aus Londons Musikszene.
Reprezent – Ausbildungsradio mit dem „Sound of Young London“
Interessant ist auch ein weiteres Londoner Community Radio – Reprezent kann man seit 2011 in London auf 107,3 MHz hören. Der Sender aus dem Südlondoner Peckham ist ein Ausbildungsradio – die Moderatoren sind alle zwischen 15 und 25. Rund 2000 Jugendliche nehmen im Jahr an Kursen und Veranstaltungen teil, die von Mentoren betreut werden. Musikalisch gibt es den „Sound of Young London“ – Hip Hop, Grime, Dancehall und UK Base. Dem ein oder anderen Nachwuchsmoderator gelingt der Sprung zur Radiokarriere – DJane Jamz Supernova, die früher bei Reprezent moderierte, kann man seit diesem Jahr bei 1Xtra, dem jungen, urbanen Format der BBC, hören. Auch manche Musikkarriere hat Reprezent angeschoben. In diesem Frühjahr drohte dem Sender, der auch einiges für die Integration und das Zusammenleben im multikulturellen London leistet, allerdings das Aus. Kommunale Fördermittel waren gestrichen worden. Mit einer Crowdfundingaktion, unterstützt durch Berichte in den Medien, konnten allerdings die benötigten 25.000 Pfund gesammelt und das Projekt gerettet werden.
Ebenfalls über DAB sendet das vielfältige Künstlerradio Resonance (UKW 104,4 MHz), das bereits seit 2005 auf UKW zu hören ist. Die freie Radioinitiative wird auch durch öffentliche Fördermittel vom Arts Council England unterstützt. Das Stadtmagazin „Time Out London“ charakterisiert die Station, in der jeder eine eigene Sendung starten kann, in einem Artikel als „brilliantly eccentric“. Man wolle gerade nicht erwartbar sein, sondern ein Laboratorium für wilde Experimente. Nu Sound Radio ist ein Community Radio für East London (92,0 MHz) mit vielen Sendungen für die verschiedenen asiatischen Communities, die im Osten der Stadt leben.
Aktuelle Musik gibt es bei Camden Xperience CDNX – das Webradio ist erst am 22. September 2015 offiziell gestartet. Zu hören sind Indie, Alternative, Rock, Garage und Urban. Im ersten Channel laufen Hits bekannter Künstler, im zweiten hingegen neue Bands. Man will die Musikkultur und -geschichte des Londoner Stadtbezirks abbilden. Hinter dem Sender steht Sammy Jacob, der einst den Privatsender Xfm gegründet hat. Der Name Xfm ist gerade nach dem Relaunch und Neustart als Männerradio Radio X vom britischen Radiomarkt verschwunden. Nach dem Verkauf von Xfm gründete Jacob das Web- und Digitalradio NME Radio, das mit der gleichnamigen britischen Musikzeitschrift zusammenarbeitete. Nun hat er mit Partnern die Musikplattform CDNX lanciert.
Mehrere Soulformate
Soulmusik steht gleich bei zwei Programmen hoch im Kurs – DAB-Hörer in London, die auch schon mit MiSoul ein solches Format im Angebot haben, können auf Solar Radio zurückgreifen, das aktuelle Soulmusik und Klassiker mischt. Mit Crackers Radio gibt es eine weitere Alternative – das Format, ein Ableger des London Greek Radio, spielt viel 70er Jahre Soul – ein Londoner Kultclub der Dekade stand für den Namen Pate. Das London Greek Radio, das für die griechische und zyprische Community in London auf 103,3 MHz sendet, startet auch selber über DAB.
Jenseits von London – Jazz, Musik der 1920er Jahre, Techno, Country, Celtic music
Die neuen small-scale DAB Ensembles in zehn britischen Städten bieten generell allerlei Nischenformaten die Möglichkeit sich neun Monate lang über das Digitalradio zu versuchen.
In Birmingham ist mit Starpoint Soul ebenfalls ein Webradio zum Thema Soul gestartet. Jazz FM, früher auf UKW, dann einige Zeit landesweit im Digitalradio, aktuell nur noch in London, ist jetzt auch in Norwich gestartet. Aktuelle Jazzmusik spielt der Red Train Channel von thejazz.co.uk in Portsmouth. Classic Rock und Blues will das lokale The Flash nach Portsmouth bringen. Dort gibt es mit Angel Extra auch ein Radioprogramm mit Tanzmusik der 1920er bis 1950er Jahre. Technofans können jetzt in der Stadt in Hampshire auf Mango Vibe zurückgreifen, das auch über den Radioplayer sendet. Das Webradio totallyradio startete in Brighton und Norwich, Freunde der amerikanischen Countrymusik bedient Chris Country in Manchester und Cambridge. In Glasgow will das Celtic Music Radio ,das schottische Musik spielt, über DAB starten. Gegründet 2003, konnte das Community Radio 2007 zuerst auf der Mittelwelle 1530 kHz senden, seit Sommer 2014 hat man eine eigene UKW-Frequenz in Glasgow (105,0 MHz). Zu hören gibt es Musik von Singer-Songwritern, Blues, Folk und natürlich Celtic music.