Der geplante Jugendkanal von ARD und ZDF kommt – aber in reduzierter Form. Zu diesem Kompromiss sind die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer auf ihrer heutigen Konferenz in Potsdam gelangt. Das Angebot für die unter 30-jährigen soll nur im Internet verbreitet werden, der von ARD und ZDF geplante trimediale Ansatz mit einer parallelen Ausstrahlung in Web, TV und Radio ist vom Tisch. Gegen die Pläne der öffentlich-rechtlichen Sender hatte es vor allem Widerstand von den Unions-geführten Bundesländern wie Sachsen gegeben. ARD-Vorsitzender Lutz Marmor sieht einen erschwerten Start für den Jugendkanal:
„Das ist eine gute Nachricht für unser junges Publikum. Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben ARD und ZDF ausdrücklich beauftragt, ein zusätzliches Angebot für unter 30-Jährige zu entwickeln. Zukunftsweisend ist dabei, dass die Beschränkungen im Internet wegfallen. Dass es kein eigenes Programm im Fernsehen geben wird, erschwert allerdings den Start, aber wir werden alles daran setzen, gemeinsam mit dem ZDF ein gutes Angebot im Netz zu entwickeln.“
ZDF-Intendant Thomas Bellut wwünscht sich mehr Bewegungsspielraum im Netz:
„Die Entscheidung der Ministerpräsidenten ist für uns ein Ansporn, noch mehr Angebote für junge Zuschauer zu machen. Das Internetportal ist eine perfekte Ergänzung zu ZDFneo und ZDFinfo, die bereits mit Erfolg ein jüngeres Publikum erreichen. Dafür brauchen wir dann aber auch mehr Bewegungsspielraum im Netz als bisher.“
EinsPlus und ZDFkultur werden eingestellt – EinsFestival bleibt bestehen#
Das Budget für den Jugendkanal wird auf maximal 45 Millionen Euro jährlich festgesetzt, die aus den Etats von ARD und ZDF kommen. Dafür werden im Gegenzug die Digitalkanäle ZDFkultur und EinsPlus eingestellt. Das Ende für ZDFkultur war schon länger beschlossene Sache, für das Programm werden längst keine eigenen Sendungen mehr produziert. EinsPlus, das vom SWR gestaltet wird, macht bereits seit 2012 in den Abendstunden Programm für ein junges Publikum. EinsFestival, das unter Federführung des WDR ensteht, bleibt hingegen bestehen. Ursprünglich wollte die ARD auch EinsFestival einstellen, jetzt bleibt es bei jeweils zwei Digitalkanälen von ARD (Eins Festival, tagesschau24) und ZDF (ZDFneo, ZDFinfo). Dazu wird das neue gemeinsame Onlineangebot für junge Zuschauer kommen.
Für dieses wird es keinen Drei-Stufen-Test und keine Sieben-Tage-Regelung geben. Andere Webangebote von ARD und ZDF müssen normalerweise ein spezielles Genehmigungsverfahren durchlaufen. So soll geprüft werden, ob sie dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks enstprechen. Inhalte in den Mediatheken dürfen nur sieben Tage lang online stehen, dann müssen sie entfernt werden. Dieses Verfahren steht zunehmend generell in der Kritik, da es als zu kompliziert gilt und Inhalte den Gebührenzahlern online nicht dauerhaft zur Verfügung stehen.
Enttäuscht zeigt sich SWR-Intendant Peter Boudgoust, dessen Sendeanstalt für die ARD federführend das Jugendkanalkonzept entwickelt hat:
„Die Beauftragung entspricht nicht dem ursprünglichen Konzept eines crossmedialen Angebots. ARD und ZDF hatten auf die konsequente Verschmelzung von Hörfunk, Online und Fernsehen gesetzt, ein innovativer, multimedialer, durchdachter Ansatz. Nun müssen wir uns auf eine Ausstrahlung im Internet beschränken. Das bringt Probleme mit sich, beispielsweise mit Blick auf Urheberrechte. Obwohl unser Konzept von vielen gesellschaftlichen Gruppen unterstützt wurde, wird es nun schwerer, das Jugendangebot zum Fliegen zu bringen. Aber klar ist: Wir arbeiten weiter konsequent an jungen Programminnovationen. Das sind wir der jungen Generation schuldig.“
Beim ZDF will man jetzt prüfen, wie viele Stellen für ein reines Onlineangebot notwendig sind. Für ein Angebot mit klassischem TV-Kanal wären auf Seiten des ZDF rund 30 Stellen notwendig gewesen. Den Personalbedarf wird das ZDF bei der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) beantragen. Das ZDF will erreichen, dass der zurzeit nach KEF-Auflagen stattfindenden Stellenabbau entsprechend reduziert wird.
Vorbild Großbritannien? BBC Jugendkanal ab 2015 nur noch im Netz
Als Vorbild für die heutige Kompromissformel könnte BBC Three gedient haben. Die BBC verlagert ihren Jugendkanal BBC Three ab Herbst 2015 ins Internet und beendet die Ausstrahlung über DVB-T und Satellit. Begründet wird der Schritt damit, dass die Zielgruppe nur noch im Netz zu erreichen sei. Im Hintergrund steht aber auch der Zwang zu Kostensenkungen. In Großbritannien ist der Plan der BBC nicht unumstritten, eine Onlinepetition gegen die Veränderungen fand bis heute 260.000 Unterstützer.
Allerdings bietet der konsequente Abschied vom linearen Sendekonzept auch eine große Chance. Denn es ist ja nicht zu leugnen, dass sich viele junge Zuschauer längst vom klassischen Fernsehen verabschiedet haben und auf Mediatheken, DVDs und Streamingdienste zurückgreifen.
Der Vorstandsvorsitzende des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT), Tobias Schmid zeigt sich nach der heutigen Entscheidung erleichtert,
„dass die konzeptlose Expansion der öffentlich-rechtlichen Spartensender durch die Ministerpräsidentenkonferenz beendet wurde. Wir begrüßen die Einstellung von zwei Kanälen sowie den Stopp des am Bedarf vorbei konzipierten Jugendkanals von ARD und ZDF.“
Die Privatsender befürchten aber weiterhin Wettbewerbsverzerrungen:
„Die Idee, ein Projekt ohne inhaltliche Begrenzung aufzusetzen, hat bei den Digitalkanälen schon nicht funktioniert. Jetzt ein Onlineangebot mit einem Blankoscheck von 45 Millionen Euro auszustatten, wird es kaum besser machen. Mit der angestrebten Crossmedialität, insbesondere der Vernetzung mit den jungen Hörfunkwellen der ARD, wird ein übergreifendes Jugendangebot entstehen, das den Wettbewerb erheblich zu Lasten der Privaten beeinträchtigt. Angesichts all dieser Punkte würde es uns wundern, wenn die Beauftragung nicht einen neuen Konflikt mit allen anderen Mediengattungen zur Folge haben wird.“