Yvonne Malak: Do’s und Don’ts für Star-Hosts – 15 Punkte, die jeder (Morgen-)Moderator beachten sollte (Teil 1)

Für mein  neues Buch „Die Morgenshow- eine Anleitung für die Königsdisziplin im Radio“ habe ich mich mit allen Aspekten einer erfolgreichen Morgenshow beschäftigt. Dabei sind mir einige „Do’s“ und „Dont’s“ der Moderation einer Morgensendung wieder bewusst geworden, die gerne vergessen werden. Jeder Profi weiß um diese Regeln, die fast alle auch für alle anderen Sendeschienen gelten. Hier hole ich sie für Sie zurück – zur Erinnerung…

Do: Pausen
Eine ganz banale Sache zerstört ca. ein Viertel aller eigentlich guten Breaks: der mangelnde Mut zur Pause!

Folgende Situation werde ich nie vergessen: Ein Moderator erzählt mir stolz, er habe es geschafft, in einem Break eine lange Pause zu machen. Als wir uns den Break anhören, stellt sich heraus, dass die Pause gerade mal eine viertel Sekunde lang war. Seine Reaktion: „Länger habe ich es nicht ausgehalten.“

Schon Mark Twain sagte: „Das richtige Wort mag effektiv sein, aber kein Wort war jemals so effektiv wie eine richtig gesetzte Pause.“ Pausen sind aus vielerlei Gründen unerlässlich: .

– Pausen signalisieren dem Gehirn das Ende eines Sinnabschnitts.
– Pausen geben damit dem Zuhörer die Chance, das Gesagte zu verarbeiten und zu verstehen.
– Pausen machen das Nachfolgende wichtiger.
– Pausen erzeugen Spannung und/oder Emotionen

Trotz all dieser Argumente für den „Mut zur Pause“ sind fehlende Pausen der häufigste Fehler in Moderationen. Vermutlich, weil Moderatoren Angst vor „dead air” haben. Dabei können sinnvoll gesetzte Pausen die meisten Breaks dramatisch verbessern. Probieren Sie es aus!

Lesen Sie folgende Sätze ohne Pausen laut vor: „Ich steige aus dem Aufzug und sehe sofort, dass die Wohnungstür offensteht. Aus meiner Wohnung kommen raschelnde Geräusche. Irgendjemand ist da drin. Ich bekomme Panik und rufe die Polizei. Noch bevor die eintrifft, öffnet sich die Tür fast wie von selbst und ich sehe die Katze des Nachbarn – des Rätsels Lösung …“

Jetzt lesen Sie sich diesen Text mit deutlichen Pausen laut vor: „Ich steige aus dem Aufzug und sehe sofort, dass die Wohnungstür offensteht. PAUSE Aus meiner Wohnung kommen raschelnde Geräusche. PAUSE Irgendjemand ist da drin. PAUSE Ich bekomme Panik und rufe die Polizei. Noch bevor die eintrifft, öffnet sich die Tür fast wie von selbst PAUSE und ich sehe PAUSE, PAUSE, PAUSE, die Katze des Nachbarn – des Rätsels Lösung …“.

Alle großen Redner – von Martin Luther King bis Barack Obama – und alle großen Moderatoren verstehen sich perfekt auf die Kunst der Pause. Vor allem aber haben sie den Mut zur Pause.

Don’t: Tagesaktualität ignorieren
Auch das habe ich schon oft erlebt: Über Nacht ist etwas Wichtiges passiert und weil die Moderatoren natürlich nicht darauf vorbereitet sein können, ignorieren sie das Ereignis und ziehen ihr vorbereitetes Programm durch. Ein No-go. Egal, worum es geht: Tagesaktualitäten abzubilden ist die Aufgabe eines Radiosenders. Und wenn Sie gar nicht wissen, wie Sie mit dieser schrecklichen, schweren Massen-Karambolage auf der A10 oder dem Attentat in einer europäischen Hauptstadt umgehen sollen, greifen Sie zu Trick 17: Newsteaser. Greifen Sie das Thema in wenigen kurzen Sätzen auf und teasen Sie auf die nächsten Nachrichten.

Do: MA Relevanz beachten
Solange die MA-Ergebnisse maßgeblich über die Werbe-Erlöse eines Senders entscheiden, müssen Sie auch in der Moderation die Mechanismen der MA berücksichtigen. Die MA ist eine erinnerungsbasierte Abfrage, die sich jeweils auf den Vortag bezieht. Entgegen der landläufigen Meinung, fragt die MA nicht, „Welchen Sender haben Sie gestern um diese und jene Uhrzeit gehört?“. Die MA fragt zunächst nach Tätigkeiten über den Tag, will also erst mal wissen, was die Befragten zur jeweiligen Uhrzeit gemacht haben.

Das heißt also: Mit jeder Moderation, mit der Sie helfen, sich bei einer bestimmten Tätigkeit an Ihren Sender zu erinnern, helfen Sie Ihrem Sender, bei der MA-Abfrage eher genannt zu werden als ein Konkurrenzsender. Abgefragte relevante Tätigkeiten für die Morgenshow sind zum Beispiel „Körperpflege/Anziehen”, „Essen/Mahlzeiten”, „unterwegs im Auto” oder „Hausarbeiten”. Sie kennen das Phänomen vielleicht aus eigener Erfahrung: Ein Moderator im Radio nennt eine Tätigkeit oder Umgebung, die Sie in diesem Moment betrifft, wie zum Beispiel: „Wenn Sie gerade überlegen, was Sie anziehen sollen …“ Ein Hörer, den Sie 1:1 mit einer solchen Moderation „erwischen”, wird sich – sollte er am nächsten Tag von einem MA-Institut angerufen werden, garantiert an Sie und Ihren Sender erinnern. Es gibt auch eine MA-relevante Art, um z.B. Musik zu verkaufen oder die Hörer im Einstieg in einen Break direkt anzusprechen. Davon abgesehen, dass Sie mit solchen Moderationen zeigen, dass Sie Ihre Hörer und deren Lebenswelt kennen und wissen, was sie gerade beschäftigt – damit also Nähe herstellen.

Don’t: Tagesteilbezüge mit der Gießkanne auskippen
Keinen Sinn dagegen macht es, mehrere tagesteilbezogene Tätigkeiten in eine einzige Moderation zu pressen , um scheinbar mehr Hörer direkt anzusprechen. Da Sie sowieso nie alle Hörer erreichen, sondern immer nur Teilmengen, richten Sie mit der Gießkannen-Version mehr Schaden an, als Sie Nutzen produzieren, denn so führen Sie die Idee der 1:1-Kommunikation ad absurdum. Auch wenn mehrere Menschen zusammen in einem Raum sind, wird Radio immer von einer Person allein gehört. So zitiert Valerie Geller in ihrem Buch Beyond Powerful Radio den legendären US-Radiomacher David Sholin zu diesem Thema mit dem Satz: „Egal, ob man als Moderator mit einhundert oder einer Million spricht, jeder Hörer sollte das Gefühl haben, die Worte sind direkt an ihn gerichtet“. (

Do: MA auszählen lassen
Um seine Hörer noch besser kennenzulernen und noch besser zu verstehen, was sie wann am Morgen tun (und gleichzeitig mit Moderationen wie „für alle, die gerade an der roten Ampel stehen“ so viele Hörer wie möglich direkt anzusprechen), können MA-Mitgliedsunternehmen Daten zu den einzelnen Tätigkeiten auswerten – lassen Sie sich also „Ihre” MA-Daten nach Tätigkeiten auszählen und auswerten. Henriette Hoffmann, Marktforscherin Radio in der AGMA, sagt dazu: „Es ist möglich, Auswertungen zu machen, in denen der Tagesablauf der HörerInnen des Senders anhand von Tätigkeiten beschrieben wird. Bis wann haben die meisten HörerInnen geschlafen, wann sind sie aufgestanden […] und vieles mehr.“

Don’t: Schleifen drehen
Der Tod einer jeden guten Moderation sind Umleitungen, Umwege und Seitenstraßen. Laut aktueller Messungen der Aufmerksamkeitsspannen der Menschen im digitalen Zeitalter haben Sie nur acht Sekunden Zeit (bei der Generation Z, den 1995–2005 Geborenen sogar nur fünf Sekunden), die Aufmerksamkeit eines Hörers für ein Thema zu gewinnen. Also: Kommen Sie besser direkt zum Thema und bleiben Sie bei genau diesem Thema.

In einer Co-Moderation heißt das für den Co-Star oder den jeweiligen Moderator in der „Zuhörer-Rolle”: keine Fragen stellen oder Zwischenbemerkungen machen, die vom eigentlichen Thema wegführen. Gehen Sie direkt zum Ziel! Oder – um die amerikanischen Kollegen zu zitieren: „Don”t bring me around the block, if I wanna cross the street.“

Do: Sich selbst nicht zu ernst nehmen
Selbstironie ist eine Tugend! Sich selbst auf den Arm nehmen, über sich selbst lachen und vor allem Schwächen zeigen, das macht einen großen Moderator aus – und oft auch eine gute Geschichte. Nie vergessen werde ich, als Andrea Sparmann von Ostseewelle Hitradio Mecklenburg-Vorpommern die Geschichte erzählte, wie sie einmal so dringend zur Toilette musste, dass sie es auf dem Weg zur Wohnung ihrer Eltern nicht mehr ausgehalten hat und in den Aufzug pinkelte … Nicht umsonst ist Andrea ungemein beliebt bei ihren Hörern und in Mecklenburg-Vorpommern ein regionaler A-Promi.

Viel Spaß beim Pausen zelebrieren, MA Relevanz beachten und vor allem beim „Sich-selbst-auf-den-Arm-nehmen“! Die nächsten 8 Do’s und Don’ts dann in einem Monat oder in meinem neuen Buch.

Herzlichst
Ihre
Yvonne Malak

Yvonne Malak
Die Morgenshow
256 Seiten, 17 Abb., Broschur
ISBN 978-3-86962-431-0
24,00 € Herbert von Halem Verlagsgesellschaft
https://www.halem-verlag.de/die-morgenshow/

www.my-radio.bizYvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 01. November 2019.

Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/

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