Yvonne Malak: Die Aircheck – Hitparade

Zum Jahresende meine Top 10 aus Moderatoren- Coachings Die 10 am häufigsten besprochenen Verbesserungsvorschläge
Die meisten davon habe ich sicher an dieser Stelle schon erwähnt. Hier noch mal kurz und kompakt die Top 10 2016:
Platz 10: Skripten fürs Lesen
„Bei wechselnder Bewölkung erwartet uns morgen ein eher trockener Tag mit einer geringen Niederschlagswahrscheinlichkeit von nur 10 Prozent und Tageshöchsttemperaturen zwischen 19 und 21 Grad.“ Wer so moderiert und präsentiert, klingt unnahbar und unnatürlich. Moderieren heißt, so zu sprechen, wie die Menschen, die uns zuhören. Kurze Sätze, normale umgangssprachliche Begriffe, wenige Fremdworte. „Sonne und Wolken wechseln sich morgen ab“ klingt schon natürlicher und lockerer als „wechselnde Bewölkung“. „Regen“ passt eher in eine Moderation als der Begriff „Niederschlag“. Und: zwei kurze Sätze klingen besser als ein langer. Der amerikanische Moderatorentrainer David Candow empfahl seinen Coachees: „Vermeiden Sie abhängige Nebensätze, damit die Hörer nicht einem Satz hinterher jagen müssen wie die Katze dem Schwanz“.

Platz 9: Betonungen
Weil Stimme im Radio alles ist, da Mimik und Gestik wegfallen, sind Betonungen umso wichtiger.

Was ein Moderator sagt, ist beherrschbar und eigentlich nur eine Frage der Vorbereitung. Das „wie“ entscheidet am Ende darüber, was wirklich beim Hörer ankommt, welcher Moderator mittelfristig im Ohr des Hörers hängen bleibt.

Meine persönliche Erfahrung: wenn ich selbst das Gefühl hatte, ein Break war einen Tick überbetont, war er genau richtig. Jeder muss natürlich selbst für sich herausfinden, welche „Betonungsintensität“ für die Wirkung seiner Moderation die richtige ist. Das geht nur durch Anhören, Anhören und wieder Anhören.

Platz 8: Das Ende nicht erkennen
Ein Pay Off ist dann zu Ende, wenn der Preis vergeben wurde. Eine Geschichte, die ihren Höhepunkt überschritten hat, wird ein Abschaltfaktor. Eine Meldung mit Punchline ist nach dem Gag vorbei. Gute Moderatoren haben ein Gefühl dafür, wann sie einen Break beenden müssen. Von solchen Moderatoren hört man gerne mehr

Platz 7: Unnütze Bilder
Das „Malen von Bildern“, das berühmte „Kino im Kopf“ wird gerne überschätzt und falsch eingesetzt. Nehmen wir als Beispiel den Aufruf für die Verlosung eines Wellness-Tages. Es erklingt ein atmosphärisches Musikbett, der Moderator säuselt mit samfter Stimme „…angenehme 25 Grad Raumtemperatur, Sie liegen auf einer watteweichen Liege, es duftet angenehm nach Lavendel, der Alltag ist weit weg, Sie überlegen, was Sie sich als nächstes gönnen: türkisches Dampfbad, Sauna mit Relax Aufguss oder eine entspannende Massage….“. Die Zeit des Hörers ist wertvoll und nicht jedes kleine Thema braucht ein großes Bild.

Das berühmte Kopfkino springt dann automatisch an, wenn mein Lieblingsmoderator mir erzählt, wie er sich gestern mit seiner Frau über das Thema „überheizte Wohnung“ gestritten hat oder wie er am Wochenende mit seiner Tochter beim Hausaufgabenmachen über Matheübungen der 9. Klasse verzweifelte. Da braucht es nicht noch zusätzlich die große Showtreppe mit einem „akustisch gemalten Bild“.

Die besten Bilder sind die, die automatisch entstehen, wenn ein guter Moderator eine gute Geschichte erzählt. Nicht jede kleine Idee verträgt ein Bild. Künstlich erzeugte Bilder erzeugen oft nur den Eindruck des „Aufgeblasenen“.

Platz 6: Überleitungen
„Nach dem Dauerregen in Bayern steigen die Pegelstände von Donau, Inn und Salzach. Machen Sie sich nicht nass! Wir steigern den Pegelstand der Geldscheine in Ihrer Brieftasche mit unserem Spiel 10.000 Euro für 10“. Diese Moderation hat genauso stattgefunden. Überleitungen sind gefährlich, weil sie oft albern sind. Die bessere Alternative ist es, nach Thema eins einen akustischen Punkt zu setzen, die Uhrzeit zu sagen, eventuell noch die Sender ID zu nennen und ohne Überleitung zum nächsten Thema zu kommen.

Platz 5: Spielereien mit englischen Titeln
Gefährlich sind auch Überleitungen zu englischen Songs bzw, Spielereien mit englischen Titeln. Obwohl ich dachte, die tragische Hintergrundstory zum Hit „I don’t like Mondays“ von Boomtown Rats – der Amoklauf einer amerikanischen Schülerin – wäre mittlerweile 100 Prozent aller deutschen Radiomoderatoren bekannt, höre ich doch jedes Jahr mindestens einmal den Dreh: „schon wieder so ein anstrengender Montag. Für alle, die das genauso sehen, hier der Song zum Wochenstart – die Boomtown Rats mit ‚I don’t like Mondays’“.

Davon abgesehen, dass diese Assoziation auch noch sehr peinlich ist, sind diese Spielereien fast immer albern. Bitte in Zukunft weglassen.

Platz 4: Nachvollziehbarkeit
Jeder von uns hat das schon beim Radiohören erlebt: der Moderator erzählt etwas und man versteht nur Bahnhof…

Wir haben in jeder Minute neue Hörer. Eine Sendung ist wie eine lockere Party: ständig kommt jemand Neues dazu und immer wieder geht jemand. Deshalb gilt: Jeder Break muss für jeden Hörer zu jeder Zeit zu 100 Prozent nachvollziehbar sein.

Wenn ein Moderator auf etwas Bezug nimmt, worüber er im vorangegangenen Break gesprochen hat, sollte er den Inhalt kurz zusammenfassen, um alle Hörer teilhaben zu lassen. Wenn man einen Gast in mehreren Takes interviewt, wäre es hilfreich, ihn in jedem Take neu einzuführen. Mit anderen Worten: schließen Sie niemals einen Hörer aus. Das tun Sie aber, wenn Sie nicht in jedem Break zu jeder Zeit zu 100 Prozent nachvollziehbar sind.

Platz 3: Austauschbarkeit
An welchen Tag, zu welcher Tageszeit, an welchem Ort findet eine Sendung statt? All das sollte man innerhalb von 30 bis 60 Minuten heraushören. Mit etwas Kreativität und guter Vorbereitung bringt man eine ganze Menge Tagesteilbezüge, Lokalität und Aktualitäten in einer Sendung unter, die auch dem Hörer eines Musikformats das Gefühl geben, der Moderator weiß, was die Menschen in seinem Sendegebiet heute beschäftigt und worüber sie mit ihren Kollegen bei der Arbeit sprechen. Diese lokalen, aktuellen und tagesteilbezogenen Anker machen eine Sendung besonders – ohne diese Anker ist eine Sendung austauschbar.

Platz 2: Überflüssige Schleifen
Ursache für überflüssige Schleifen ist oft falsch verstandene Kreativität. Der Moderator kommt nicht direkt zum eigentlichen Thema, sondern dreht erstmal eine vermeintlich kreative Schleife wie in diesem Beispiel, das so tatsächlich im Radio gelaufen ist: „Wir alle lieben sonnige Wintertage mit weichem, weißem Neuschnee, aus denen sich wunderbare Schneemänner bauen lassen. Auf den Straßen allerdings kann der Schnee schnell zum Ärgernis werden. Gestern verwandelte zentimeterhoher Schneematsch in Berlin auch alle wichtigen Hauptstraßen in eine gefährliche Rutschbahn.“
Der Hörer schenkt uns seine wertvolle Zeit, die sollten wir nicht verschwenden, sondern direkt zum Thema kommen.

Und die unangefochtene Aircheck Nummer 1 – das meistbesprochene Thema mit „meinen“ Moderatoren, die All-Time-Number-One….

Platz 1 aller Aircheck- Sessions der letzten 20 Jahre:
PAUSEN!
Nichts sage ich häufiger als „Mach mal ne Pause“. Wahrscheinlich ist es die Angst vor der sogenannten „Dead Air“ – dem Nichts im Radioprogramm, die Moderatoren dazu veranlasst, Pausen möglichst zu vermeiden.

Eine Moderation ohne Pausen wirkt gehetzt und unsouverän. „Große“ Moderatoren wie Ryan Seacrest von KIIS FM bewegen sich ganz entspannt durch ihre Moderationen und machen ausreichend Pausen. Pausen sind ein wichtiges dramaturgisches Instrument.

Pausen sind oft erst das Tüpfelchen auf dem i. Sie lassen Moderationen selbstverständlich wirken. Moderatoren, die bewusst mit Pausen arbeiten, wirken sympathischer als die, die rastlos durch ihre Breaks rasen. Pausen setzen erzeugt einen souveränen Gesamteindruck und vermittelt das Gefühl, der Moderator „beherrscht die Show“.

Pausen helfen dem Hörer, das eben Gehörte zu verstehen und zu verarbeiten. Sie geben dem Gehirn des Hörers das Signal: „Sinnabschnitt zu Ende, Sinn verdauen, neue Info aufnehmen“.

Pausen machen Breaks erst dramatisch.
Was machen begnadete Redner wie Martin Luther King? Pausen! Sie alle kennen die berühmte „I have a dream“ – Rede. Viele Pausen.
Was machen erfolgreiche Politiker wie Barack Obama, wenn sie den folgenden Satz besonders unterstreichen wollen? Sie setzen eine lange Pause!
Was machen Comedians, bevor die Punchline kommt? Eine Pause. Mit anderen Worten: erst Pausen kreieren echte Hinhörer und geben einem Break seine Dramaturgie.

Also: keine Angst vor „dead air“ – sie macht das Folgende erst interessant und im wahrsten Sinne des Wortes spannend. Pausen erzeugen Spannung.

Und jetzt breche ich selbst meine „Regeln“ und gestalte eine alberne Überleitung:
Ich hoffe, Sie haben über die Feiertage auch ausreichend Pause und starten entspannt ins neue Jahr.

In diesem Sinne: alles Gute,
Ihre
Yvonne Malak

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www.my-radio.bizYvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 02. Januar 2017.

Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/

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