
Das Wort Community ist in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus vieler Menschen gerückt. Zunehmend verändern sich jedoch die Plattformen und Treffpunkte, weg vom persönlichen Erstkontakt, hin zu virtueller Kommunikationsaufnahme. Dabei gibt es viele Wege, über „alte“ und neue Medien zusammenzufinden, die schlussendlich durchaus nicht selten auch zu neuen persönlichen Beziehungen verschiedenster Art führen können.
Radio schafft Community
Viele Radiostationen schaffen auf verschiedenen Wegen Communitys. Dabei haben sie einen großen Vorteil: Als alteingesessenes Medium schafft es das Radio, Menschen über alle Altersgruppen hinweg zu verbinden. Sowohl jüngere, eher onlineaffine Menschen, als auch Personengruppen der reiferen Generationen können sich hier gut austauschen. Ein Beleg für die Beliebtheit des Mediums Radio ist die aktuell und in den letzten Jahren nach wie vor existente hohe Anzahl an Stationen.
Lokalradio und regionale Radiosender
Vor allem Lokalradiosender bringen aufgrund der örtlichen Nähe Menschen zusammen. Einerseits durch Infos über Events: So finden Themeninteressierte über den Umweg des Radiohörens den Weg zu Veranstaltungen und zueinander.
Wird zum Beispiel eine Party, vielleicht sogar mit einem Motto veranstaltet, treffen sich durch den Aufruf einer lokalen Radiostation Menschen, die von diesem Event vorher nicht gehört hatten. Zudem erleichtert es den direkten Erstkontakt, wenn der Gesprächseinstieg durch das Thema „Wir hören den gleichen Sender“ quasi schon vorgegeben ist.
Andererseits gibt es im Lokalradio viele interaktive Elemente. So kann auch bei vorher eher themenfremden Menschen zum Beispiel durch ein Gewinnspiel für ein Event in der Nähe Interesse für eine bestimmte Nische geweckt werden. Auf diese Weise tragen lokale Radiosender auch zum Wachsen verschiedener Communitys vor Ort bei.
Aber auch regionale Radiosender tragen zu einer Vernetzung von Themeninteressierten bei. So können über Stadtgrenzen hinaus, ebenfalls durch Elemente wie Eventankündigungen oder Interaktives, Kontakte entstehen. So kann zum Beispiel durch ein interaktives Hörerspiel ein Gruppengefühl weit über die Lokalgrenzen hinaus entstehen. Die Mitspieler werden durch ihre Beteiligung sozusagen Teil eines „großen Ganzen“.
Gleiches gilt für Events. Ist zum Beispiel in einer 50 Kilometer entfernten Stadt eine Veranstaltung zum Thema Tuning, wird ein PS-Begeisterter diesen Weg gerne auf sich nehmen und so mit Menschen in direkten Kontakt kommen, die er sonst nicht kennengelernt hätte.
Das Extrembeispiel: Domian
Zudem werden Radiosendungen mitunter zu überregionalen Treffpunkten. Dafür gibt es ein besonders bekanntes Beispiel. Von 1995 bis 2016 strahlten der Radiosender 1LIVE, wie auch das WDR Fernsehen mehrmals pro Woche nachts die Talkshow „Domian“, benannt nach ihrem Moderator Jürgen Domian, aus. Einziger Inhalt: Die Hörer riefen an und besprachen mit Domian Themen, die ihnen am Herzen lagen.
Dabei ging es um Ernstes, Lustiges und Tieftrauriges. Die Show bot über lange Jahre eine Art Allroundplattform zum indirekten Austausch. Sie erlangte großen Bekanntheitsgrad und somit auch hohe Relevanz.
Bei sogenannten „offenen Sendungen“ konnte zu allem, was für den Anrufer gerade relevant war, angerufen werden. Andererseits gab es Themenabende zu diversen Gebieten des Lebens wie „Das hat mir das Leben gerettet“, „Die Schattenseiten der Liebe“ oder „Schwiegermütter“. Dadurch konnten durch das Gespräch mit verschiedenen Anrufern auch Menschen mit ähnlichen Interessen oder Hürden nur durch das Zuhören ihren Horizont erweitern oder mittelbar Ratschläge erhalten.
Häufig beinhalteten diese Gespräche gewollt oder unfreiwillig ein humorvolles Element. Zudem hatte die Talkshow auch eine gesellschaftliche, soziale und psychologische Komponente. So kam es nicht selten vor, dass Domian als eine Art Seelsorger für sehr ernste Lebenslagen oder Themen, die der Anrufer in seiner realen Umwelt mit niemandem besprechen konnte oder wollte, wurde. Für besonders schwierige Fälle war im Hintergrund eine Psychologin anwesend, die Abseits der Sendung auf Wunsch mit einzelnen Anrufern sprach.
Domian ist also das Idealbeispiel für Communitybuilding über das Radio. Einerseits durch die hohe Themendiversität, anderseits bildete sich über die Jahre auch eine stabile Fangemeinde.
Online-Szenetreffpunkte
Gerade für viele junge Menschen ist das Internet heute das Hauptkommunikationsmittel. Hier finden sich Freunde, bilden sich sogar Beziehung und es findet ein reger Austausch zu ganz verschiedenen Themengebieten statt. Dabei gibt es mehrere Wege, mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten.
So ein Zufall… oder doch nicht?
Viele Möglichkeiten ergeben sich dabei eher über „Zufälle“ und Webseiten, die sich eher mit einem Themengebiet beschäftigen als primär als Treffpunkt zu dienen. Häufig über Chatfunktionen können die Nutzer dieser Seiten dann miteinander in Kontakt treten und sich austauschen.
Hierfür gibt es mannigfaltige Beispiele. So können auf Gamblingseiten die Spieler nicht nur „zocken“, sondern sich auch für Diskussionen oder den Austausch von Tipps treffen. Gleiches gilt für Gamingseiten: Meist gibt es Chatfunktionen – besonders interaktive Rollenspiele bringen ihre Nutzer zusammen. Aber auch offene Beratungschats von verschiedenen Firmen oder Institutionen bieten den Nutzern nicht nur die Möglichkeit, sich mit Experten auszutauschen, sondern auch untereinander zusammenzufinden.
Dabei ist der Austausch und das Communitybuilding zwar nicht das Kernelement der entsprechenden Webseiten, aber ein Nebeneffekt, der für viele Nutzer zur Hauptmotivation des Seitenbesuchs werden kann. So könnte zum Beispiel ein Gamer, der gerade keine große Lust auf das Spiel hat, trotzdem auf der Seite online gehen, da er dort eine virtuelle Verabredung hat oder einfach Interesse an Kontaktpflege besteht.
Foren für nahezu jedes Thema
Abseits von diesen Optionen gibt es für eine Vielzahl von Themen Onlineforen. Vor allem vor Beginn des Social-Media-Hypes waren Internetforen der Hauptort des Onlineaustausches, aber auch heute noch haben sie eine große Relevanz unter den Nutzern.
In Onlineforen findet im öffentlichen, halböffentlichen und privaten Raum ein reger und intensiver Austausch über Expertise und Erfahrungen statt. Solche Foren haben einen klaren Themenbezug, einziges Ziel ist das Bereitstellen eines Treffpunktes für Interessierte.
Hierfür gibt es diverse Beispiel: So können PS-Interessierte in einem der zahlreichen Auto-Foren Erfahrungen austauschen und sich abseits von kommerziellen Seiten mit anderen Insidern gegenseitig auf den neuesten Stand bringen und halten. Auch zu gesellschaftlichen oder unterhaltenden Themen wie Politik, Film oder Musik existiert eine hohe Vielfalt an Plattformen.
YouTube: Die indirekte Community
YouTube bietet durch seinen Aufbau ebenfalls verschiedene Möglichkeiten, für Themeninteressierte zusammenzukommen. Dabei wird dem User durch das entsprechende Video oder einen Kanal Content als Diskussionsimpuls geliefert.
Einerseits können durch das Posten von Kommentaren und den daraus resultierenden Austausch Kontakte entstehen. Andererseits entstehen durch verschiedene Kanäle und einzelne Youtuber Fancommunitys. Doch der Austausch findet nicht nur online statt: Viele YouTubekanäle veranstalten darüber hinaus persönliche Treffen mit ihren Fans.
Communitybuilding über Social Media
Die logische Fortsetzung des Konzeptes eines Onlineforums findet sich auf vielen Social-Media- Plattformen. Hier können Menschen themenbezogen, aber auch unabhängig von einzelnen Sachgebieten in Kontakt treten. Dabei sind die Wege und Impulse des Zusammenkommens durchaus unterschiedlich. Vor allem relevant sind aktuell drei Plattformen:
Facebook: Kommentare, Freundschaftsanfragen und Gruppen
Auf Facebook können ähnlich eines Schneeballsystemes Kontakte entstehen, indem der User über seine Freunde neue Onlinefreunde kennenlernt. Zudem können durch Kommentare unter einem Post einer kommerziellen oder privaten Seite Menschen mit ähnlicher oder manchmal auch gegensätzlicher Meinung zueinanderfinden.
Facebook bietet aber auch Möglichkeiten zur themenfixierten Vernetzung: Die Gruppen. Dort werden, ähnlich einem Forum, ebenfalls im öffentlichen, halböffentlichen oder privaten Raum Meinungen zu einem bestimmten Thema getauscht und Infos sowie Neuigkeiten besprochen.
Twitter: Der Hashtag als Maß aller Dinge
Twitter ist vor allem eines: Themenfixiert. Zu Events, Ereignissen oder anderen Angelegenheiten entstehen Hashtags, über die alle Beiträge zum Thema abrufbar sind. So kann jeder User nach für ihn individuell interessanten Hashtags suchen. Als Ergebnis dessen findet ein reger Austausch statt. Das Prinzip der Raute gibt es zwar auch in anderen sozialen Medien, auf Twitter bildet es jedoch das Kernelement.
Zudem „zwingt“ der Dienst seine Nutzer durch eine Begrenzung der Anzahl der Zeichen eines Posts, sich knapp und präzise auszudrücken. Einerseits werden Ansichten und Kernanliegen des Tweets hierdurch sehr klar deutlich, andererseits bieten diese kürzeren Impulse fast schon eine Herausforderung zur Kontaktaufnahme und der genaueren Diskussion von Details.
Instagram: Der optische Impuls
Instagram ist ein aktuell besonders beliebtes und stark wachsendes soziales Medium. Es kann bezüglich des Prinzips der Impulsgebung für Kontakte und Diskussionen aufgrund der Idee der möglichst kurzen und prägnanten Form des Posts mit Twitter verglichen werden, legt allerdings noch eine Schippe drauf. Denn auf Instagram wird vor allem durch eines kommuniziert: Bilder.
Dadurch entsteht ein noch größerer Interpretationsspielraum, Nachfragen und Gespräch über ein bestimmtes Foto sind noch wahrscheinlicher. Zum Finden von gleichgesinnten arbeitet Instagram ebenfalls mit einer Hashtagfunktion, zudem bietet es die Möglichkeit von Gruppenchats. Instagram wirkt aus vielerlei Gründen wie eine logische Fortsetzung der Entwicklung sozialer Medien.
Fazit
Die heutige Medienwelt bietet online und offline vielerlei Möglichkeiten des Zusammentreffens von themeninteressierten und somit eine Vielzahl von Szenetreffpunkten. Was früher der Stammtisch war, ist heute das Internetforum, eine Radiosendung oder die eigene Seite in den sozialen Medien. Überraschend ist dieser Umstand jedoch nicht: Die Wege der Kontaktaufnahme passen sich schlicht und ergreifend einer immer digitaler werdenden Welt an.
Bildquellen:
Bild 1: Stock.adobe.com © zhu difeng
Bild 2: Stock.adobe.com © Sondem