Der Boom von Podcasts geht weiter, die Zahlen dazu sind beeindruckend. Innerhalb weniger Jahre hat sich das Medium aus seiner Nische zu einem rasant wachsenden Markt entwickelt. Was macht Podcasts so beliebt, dass sich ihre Zahl und die ihrer Hörer in so kurzer Zeit vervielfacht haben?
Podcasts sind für alle da
Laut eigenen Angaben hat sich die Zahl der Podcasts auf Spotify zwischen 2018 und 2019 von 2.000 auf mehr als 12.000 gesteigert. Damit sind sogar nur die deutschsprachigen berücksichtigt. Die Verbindung zwischen Streaming-Diensten und Podcasts ist einer der Gründe dafür, dass sich das Medium immer weiterverbreitet. Umgekehrt konnte Spotify mit seinem Podcast-Angebot seine Marktanteile (auf 34 Prozent im Jahr 2019) ausbauen und mit dem früheren Marktführer Apple annähernd gleichziehen (36 Prozent im Jahr 2019).
Die Zahlen der Nutzer entwickeln sich entsprechend. Der Online-Audio-Monitor 2019 verzeichnete einen weiteren Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, 62 Prozent der Personen über 14 Jahren nutzen demnach Online-Audio-Angebote – das sind fast 44 Millionen Menschen. Ähnlich sieht es bei der Podcast-Nutzung in den USA aus, wo 155 Millionen Menschen einen Podcast angehört haben.
Die Tendenz bleibt also, nicht nur in Deutschland, weiterhin steigend. Vor allem bei den jüngeren Nutzern sind Online-Audio-Angebote sehr beliebt, mit 95 Prozent liegt die Gruppe der 14- bis 29-jährigen weit über dem bundesweiten Durchschnitt. Die Generation 50plus hat das Medium bislang noch weniger für sich entdeckt, allerdings steigt der Nutzeranteil auch in dieser Altersgruppe.
Maximale Flexibilität als Erfolgsfaktor
Müsste man den anhaltenden Erfolg von Podcasts an einem übergreifenden Faktor festmachen, es wäre wohl die Flexibilität, die das Medium in allen Belangen bietet. Die erleichtert es den Nutzern – zusammen mit der Tatsache, dass Smartphones inzwischen der weit verbreitete Standard unter den Mobilgeräten sind – ungemein, das Hörerlebnis in ihrem Alltag unterzubringen. Das zeigt auch eine aktuelle YouGov-Umfrage zum Thema.
Podcasts verleihen den Hörern damit gleichzeitig die größtmögliche Entscheidungsfreiheit: Wann und wo sie einzelnen Episoden gehört werden, darüber stimmen allein die Nutzer. Deren Hörgewohnheiten richten sich zwar nach wie vor hauptsächlich nach der Tagesroutine, Zeit und Muße für Podcasts finden sie aber genauso im gesamten Tagesverlauf.
So nutzt fast die Hälfte der Hörer (46 Prozent) die Angebote am Abend, vorzugsweise in den eigenen vier Wänden (73 Prozent). Außerhalb der eigenen Wohnung sind Fahrten mit Bus, Bahn oder Auto beliebte Gelegenheiten, um Podcasts zu hören (21 bzw. 19 Prozent), überhaupt sind sie gute Begleiter für alle, die gerade unterwegs sind (21 Prozent). Ähnlich fallen die Ergebnisse für die bevorzugten Tageszeiten aus. Nach der Primetime kommt lange nichts, es folgen der Morgen (19 Prozent) und der Mittag (14 Prozent).
Aber: Jeder zehnte kommt mit einem Podcast auch durch die Nacht und zwischen Arbeit, Einkaufen und anderen Tätigkeiten findet sich immer eine Möglichkeit, um in eine Folge reinzuhören. Deshalb gehören Küche (21 Prozent) und Toilette (7 Prozent) tatsächlich auch zu den genannten Antworten nach den Lieblingsplätzen zu Hause, an denen sich Podcasts am besten hören lassen. Unangefochten bleiben aber Sofa (50 Prozent) und Bett (44 Prozent).
Es gibt wenige Worte, die mehr mit Wohlfühlen verbunden werden, als das heimische Sofa und das heimische Bett. Und dies sind genau die Orte, an denen die Deutschen am liebsten ihre Podcasts hören. (Quelle: YouGov)
Obwohl Podcasts also theoretisch überall mit dabei sein können, weil sie über das Smartphone so leicht verfügbar sind, geht es eben nicht nur um Ablenkung: Die Nutzer wollen eine entspannte Atmosphäre, in der sie den Inhalten die volle Aufmerksamkeit schenken können. Auf der anderen Seite bekommen sie mit Podcasts Unterhaltung oder Information geboten, die sie „nebenbei“ konsumieren können, ohne dabei noch mehr Zeit vor dem Bildschirm zu verbringen.
Mehr Genres, mehr Content, mehr Vielfalt
Ein weiterer Vorteil, den Podcasts gegenüber konventionelleren Medien haben, ist ihre Vielfalt. Auch darin schlägt sich die Flexibilität nieder, denn Aufmachung, Inhalte und Länge können beliebig variiert werden. Aufwändige Produktionen mit eingespielten O-Tönen, Musikuntermalung und Effekten sind ebenso möglich wie kurze Gespräche, die bereits nach einigen Minuten enden.
Unabhängig davon, wie ein Podcast produziert wird und welche Themen er behandelt, stehen die Chancen sehr gut, damit die Hörerschaft zu erreichen.
Viele Gründe für das Podcast-Hören
Das liegt zum einen daran, dass die Nutzer sehr verschiedene Ansprüche an Podcasts haben. Die wichtigsten Gründe für die Nutzung sind Unterhaltung (35 Prozent), aktuelle Informationen (34 Prozent) und etwas Neues zu lernen (32 Prozent).
Daneben lässt es sich mit Podcasts auch gut entspannen (30 Prozent), sie bieten Inspiration (23 Prozent) und Ablenkung (20 Prozent) oder helfen den Hörern dabei, sich persönlich oder beruflich weiterzuentwickeln (14 Prozent). Podcasts sind außerdem ein probates Mittel gegen Langeweile (10 Prozent) und liefern Gesprächsstoff, der mit Freunden und Familie diskutiert werden kann (6 Prozent).
Themenvielfalt für Podcast-Hörer
Wenn es um die Inhalte von Podcasts geht, ist ebenfalls grundsätzlich Vielfalt angesagt. Die beliebtesten Genres reichen von Nachrichten und Politik (31 Prozent) bis zu Sport und Freizeit (19 Prozent). Dazwischen liegen mit Wissen (31 Prozent), Lifestyle und Gesundheit (22 Prozent), Musik (21 Prozent), Geschichten (21 Prozent), Comedy (20 Prozent) und Business und Wirtschaft (19 Prozent) Themengebiete, die so ziemlich jeden Bereich des gesellschaftlichen Lebens abbilden.
Zumal damit weder die gesamte Bandbreite an Genres erfasst ist, zu denen Podcast gehört werden. Kultur und Interviews etwa sind ebenfalls interessant, genauso wie Sendungen zum Thema Technologie, True Crime, Gaming, Religion und Spiritualität sowie Kinder und Familie. Noch sind alle denkbaren inhaltlichen Auseinandersetzungen mit diesen Genres erfasst.
Für den Bereich Musik bedeutet das beispielsweise, dass diverse Subgenres auch in Podcast-Form vertreten sind. Die New York Times etwa produziert mit „Popcast“ einen eigenen Podcast rund um das Thema Popkultur, für Deutschrap-Liebhaber gibt es mittlerweile eine große Auswahl verschiedener Podcasts mit renommierten Hosts und Judith Holofernes beweist mit „Salon Holofernes“ wie Podcast und Künstlerförderung zusammen funktionieren können. Damit sind nur einige wenige Beispiele genannt, um zu verdeutlichen, wie vielfältig die Podcast-Landschaft insgesamt und die Genres im Besonderen in den vergangenen Jahren geworden sind.
Und die Vielfalt der Angebote ist innerhalb der letzten zwei Jahre exponentiell gestiegen: bis Ende 2019 waren allein über Apple Podcasts weltweit über 800.000 Podcasts mit fast 29 Mio. Episoden abrufbar. (Quelle: Bundesverband Digitale Wirtschaft BVDW e.V., Podcasts – gekommen, um zu bleiben)
Wie groß die Reichweite dieser Genres sein kann, lässt sich anhand von Zahlen aus den USA erahnen (Stand: August 2018), die dort für eine Übersicht amerikanischer Top Podcasts erhoben wurden: Für das Thema Musik ließen sich etwas mehr als 61 Millionen Haushalte finden, in denen wenigstens ein Fan des Genres lebt. Fast gleichauf landeten Film und Fernsehen (60,5 Millionen Haushalte), Comedy (59,9 Millionen Haushalte) und Technologie (58,9 Millionen Haushalte).
Während Religion und Spiritualität bei den deutschen Nutzern eher ein Randthema ist, für das sich im Durchschnitt etwas weniger als 10 Prozent der Hörer interessieren, lebt in knapp über 49 Millionen US-amerikanischen Haushalten ein Fan von Podcasts dieses Genres.
Popularität von Genres mit eigener Dynamik
Die Beliebtheit der einzelnen Genres ist allerdings immer in Bewegung, Unterschiede gibt es dabei auch je nach Plattform. Ein entscheidender Faktor in diesem Zusammenhang sind Formate, die sich besonderer Beliebtheit erfreuen. Werden solch populäre Podcasts veröffentlicht, verschiebt sich dadurch unter Umständen die Beliebtheit des gesamten Genres.
Grund genug für die Streaming-Dienstleister, sich besonders erfolgreiche Podcasts exklusiv zu sichern. Der wöchentliche Podcast „Gemischtes Hack“ von Tommi Schmitt und Felix Lobrecht gehört wie der von Laura Larsson und Ariana Baborie moderierte Podcast „Herrengedeck“ inzwischen zu den Exklusivangeboten von Spotify. Ähnliche Pläne verfolgt auch Apple mit exklusiven Original-Podcasts.
Für hochwertigen Nachschub ist nicht nur dadurch genre-übergreifend gesorgt. Podcasts sind längst nicht kein Nischenmedium mehr, das als Hobby betrieben wird. So haben nicht nur Prominente in großer Zahl das Format für sich entdeckt, sondern auch die Medienhäuser und Rundfunkanstalten wie der Bayerische Rundfunk.
Für die Nutzer und Macher ist das sicherlich kein Nachteil, denn dadurch erhöht sich die Diversität der Themen in Podcasts nur weiter. Überhaupt ist Diversität eine der größten Stärken von Podcasts, denn sie bieten auch unterrepräsentierten und marginalisierten Gruppen eine Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen.
Es gibt für Podcast-Hörer also noch genug und in Zukunft noch mehr zu entdecken, denn vorläufig bleibt der Bereich ein Wachstumsmarkt. Schließlich sind allein im Verlauf des vergangenen Jahres etwa eine Million Podcast-Abonnenten hinzugekommen. Das macht einen relativen Zuwachs von 42 Prozent auf 3,4 Millionen Nutzer, die wenigstens eine Podcast-Serie abonniert haben – Tendenz weiterhin steigend.