Nordrhein-Westfalen und der Digitalradio-K(r)ampf

Nordrhein-Westfalen und Digitalradio – das passt irgendwie nicht zusammen. So war es schon in den letzen Jahren und so ist es auch heute noch. Erst vor einigen Wochen haben NRWs wichtigste Medienpolitiker Jürgen Brautmeier und Marc Jan Eumann mit einem FAZ-Debattenbeitrag für Aufsehen gesorgt. Brautmeier ist Direktor der Landesmedienanstalt in Nordrhein-Westfalen (LfM), Eumann Chef der rot-grünen Staatskanzlei in NRW. Beide sprechen sich in diesem Beitrag sehr intensiv gegen den weiteren Ausbau von DAB+ aus.

Brautmeiers Landesmedienanstalt in Nordrhein-Westfalen hatte im vergangenen Jahr einen Call for Interest gestartet, um zu eruieren, wie groß das Interesse an Übertragungskapazitäten seitens privater Hörfunkanbieter in Nordrhein-Westfalen ist. Wie LfM-Direktor Jürgen Brautmeier Ende September bekannt gab, erhielt die LfM auf ihren Aufruf hin insgesamt 22 Rückmeldungen. Allerdings wurde nur in 19 Fällen ein konkretes Interesse an einer Übertragung über DAB+ angemeldet. Unter den Interessenten befinden sich neben privatwirtschaftlichen Hörfunk- und Plattformanbietern auch Verbände, ein Gymnasium sowie ein Hochschulradio. Das Ergebnis zeigt deutlich, so die LfM gegenüber der radioWOCHE, dass die überwiegende Mehrzahl der Veranstalter an einer landesweiten und weniger an lokaler und regionaler Verbreitung interessiert ist.

Brautmeier „will keine Chance ausschließen“, doch noch Digitalradio über DAB+ in NRW zu etablieren, wie er auf dem Medientreffpunkt in Leipzig sagte. Auf der Grundlage des Calls for Interest hat die LfM der Staatskanzlei NRW im März 2016 den Bedarf an einem Konzept übermittelt, das vorsieht, eine landesweite Verbreitung von DAB+, zum Teil mit regionaler Abstufung, zu ermöglichen. In Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur prüft die Staatskanzlei NRW die Anfrage und entwickelt einen entsprechenden Plan. Wenn dieser vorliegt, kann die LfM in einem zweiten Schritt einen konkreten Frequenzbedarf anmelden. Erst wenn die Staatskanzlei NRW diesen Bedarf geprüft, ihn mit der Bundesnetzagentur abgestimmt und der LfM Frequenzen zugewiesen hat, können die Frequenzen von der LfM schließlich ausgeschrieben und vergeben werden.

Nichtsdestotrotz äußert LfM-Direktor Jürgen Brautmeier Bedenken, wie es um das angemeldete Interesse tatsächlich bestellt ist: „Ich habe Zweifel daran, dass die Geschäftsmodelle der Interessenten tragfähig sind und einige Anbieter überhaupt jemals ein Hörfunkprogramm werden anbieten können.“ Ähnliche Erfahrungen seien auch mit dem bis zum Ende diesen Jahres laufenden DAB+-Pilotprojekt gemacht worden. Trotz einer Zulassung von ursprünglich vier Programmveranstaltern ist hier mit domradio.de derzeit nur ein einziges Programm auf Sendung.

Auch Deutschlandradio-Intendant Willi Steul zweifelt daran, dass sich DAB+ in Nordrhein-Westfalen mit einem eigenen privaten Multiplex durchsetzen kann: „Warum sollte ich in diesem Bundesland als Radioveranstalter auch nur einen einzigen Pfennig investieren, wenn mit Jürgen Brautmeier und Marc Jan Eumann zwei ganz entscheidende Medienpolitiker gegen DAB+ sind.“

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