Medienanstalt NRW meldet Frequenzbedarf für DAB+ an

Die Medienkommission der Landesanstalt für Medien NRW hat am Freitag der Beantragung neuer landesweiter und regionalisierter Übertragungskapazitäten für das Digitalradio DAB+ zugestimmt. Die Beantragung ist erst der zweite von 15 Schritten in einem Verfahrenszyklus, der mehrere Monate dauern wird. Beteiligt an dem Verfahren sind die Landesmedienanstalt, die Staatskanzlei NRW, die Bundesnetzagentur (BnetzA) sowie die Programmveranstalter und Sendernetzbetreiber.

In den zurückliegenden Wochen wurden die Mitglieder der Medienkommission über die DAB+-Pläne unterrichtet – in den Ausschüssen, auf einer zweitägigen Klausurtagung und während der Sitzung der Medienkommission. Es wurde hitzig diskutiert, am Anfang standen mehr Fragen als Antworten. „Das Thema ist nicht einfach“, bestätigt auch Tobias Schmid, Direktor der Landesmedienanstalt. Eine Abbildung des bestehenden UKW-Rundfunksystems in DAB+ ist in NRW 1:1 nicht möglich. Die Liste der interessierten Programmveranstalter ist lang, allein bei einem Call for Interest im Herbst 2018 hatten 47 Anbieter ihr Interesse bekundet. 18 Bewerber sind an einer landesweiten Ausstrahlung interessiert. Einige Anbieter können sich vorstellen sowohl landesweit, als auch landesweit in einem regionalisierten Multiplex zu senden. Im Oktober 2018 wurde eine Ausschreibung vor den Sommerferien 2019 prognostiziert, eine genaue Terminierung wagt heute niemand mehr, nicht einmal die Landesmedienanstalt selbst.

Möglich, dass auf dem bis heute abgeschotteten NRW-Privatradiomarkt bald Programmanbieter aus anderen Bundesländern Einzug halten könnten: 64 Prozent der Interessenten kommen aus anderen Bundesländern, einer sogar aus dem grenznahen Ausland, der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Ostbelgien. Einige Bewerber könnten sich auch vorstellen nur regional in den Ballungsräumen zu senden. Es haben sich zudem vier Anbieter gemeldet, die gerne einen Plattformbetrieb durchführen würden, drei davon landesweit, einer nur regional. Bei einem Plattformbetrieb würde der Plattformbetreiber die Programme für den DAB+-Multiplex aussuchen. Wie die Ausschreibungen genau aussehen werden, steht bis jetzt noch nicht fest.

Die Mitglieder der Medienkommission diskutierten während ihrer Sitzung am Freitag die Aufteilung der sogenannten „Kacheln“ (Allotments). In wie viele Teile das Bundesland geteilt werden soll – fünf oder sechs -, wurde bis zur Abstimmung nicht geklärt. Ausschlaggebend für die Aufteilung sind die Ergebnisse des Call for Interest. Aus den ländlichen Teilen des Bundeslandes gab es gar keine oder nur sehr wenige Interessenten. In der Metropole Rhein-Ruhr haben hingegeben sehr viele Anbieter ihren Sitz.

Innerhalb der letzten sechs Wochen wurden einige Kreise und kreisfreie Städte zwischen den Allotments hin und her geschoben. So wurde der Kreis Warendorf aus dem Allotment für Ostwestfallen-Lippe nun wieder dem Münsterland zugeschrieben. Verwunderung löste indes beim Kommissionsmitglied Kirsten Eink die Verschiebung der kreisfreien Stadt Herne in das Allotment für den Niederrhein aus. Die aus Herne stammende Landesgeschäftsführerin der Europa-Union NRW monierte den Fehler, der noch vor der Beantragung der Übertragungskapazitäten behoben werden soll.

Die Frage nach einer möglichen dritten Bedeckung blieb unbeantwortet. Zuerst konzentriert sich die Verwaltung der Landesmedienanstalt auf die Beantragung und Ausschreibung von zwei Bedeckungen. Unklar ist auch, in welcher Reihenfolge die beiden Bedeckungen ausgeschrieben werden sollen.

„Ab dem Moment der Bedarfsanmeldung, müssen sich alle Akteure überlegen, wo sie sich wiederfinden wollen“, betonte Schmid. Die Tür der Landesmedienanstalt stehe allen Teilnehmern offen, das Ziel sei eine vielfältige Medienlandschaft in NRW. Schmid geht davon aus, dass es für die landesweite Bedeckung mehr Bewerber als Plätze geben wird. Die Medienkommission wird also eine Auswahl treffen müssen. Schmid glaubt, dass es in den regionalen Multiplexen ausreichend freie Plätze geben wird, dann könnte jeder qualifizierte Bewerber „durchgewunken“ werden. Mittlerweile gibt es Signale einiger Lokalfunk-Betriebsgesellschaften, dass sie sich bei einer Ausschreibung „möglicherweise“ doch beteiligen werden.

Die Landesmedienanstalt hat bereits mit dem WDR Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit beim Betrieb der regionalen Multiplexe geführt. Eine solche Kooperation wird es jedoch nicht geben, es gebe keine Möglichkeit zusammenzukommen, versicherte Schmid. In Bayern gibt es einen gemeinsamen Betrieb der regionalen Multiplexe durch die Bayerische Landeszentrale für neue Medien zusammen mit dem Bayerischen Rundfunk. Beide Anstalten unterhalten seit 1994 das gemeinsame Tochterunternehmen Bayerische Medien Technik GmbH, das den Sendenetzbetrieb abwickelt.

Die nordrhein-westfälische Landesmedienanstalt teilte auf der angesprochenen Sitzung der Medienkommission mit, dass die Bedarfsanmeldung Teil des sogenannten Zuordnungsantrags ist, mit dem bei der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen die benötigten DAB+-Kapazitäten angefordert werden. In einem weiteren Schritt prüft die Bundesnetzagentur dann auf Veranlassung durch das Land, ob sie den angemeldeten Bedarf decken und dem Land Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stellen kann. Die von der Bundesnetzagentur zur Verfügung gestellten Frequenzen werden dann abschließend von der Landesanstalt für Medien NRW ausgeschrieben.

Kommentar

Noch vor gar nicht so langer Zeit forderten die NRW Lokalradios eine Aufteilung in 44 DAB+-Allotments, um die Lokalradiolandschaft 1:1 abzubilden. Im Call for Interest schlug die Landesanstalt für Medien NRW eine Einteilung NRWs in neun Regionen vor. Nach mehreren Monaten ist die Anzahl der Gebiete auf fünf bis sechs geschmolzen. Je größer die Gebiete werden, um so uninteressanter werden diese für die NRW-Lokalradios. Denn je größer das Verbreitungsgebiet wird, desto höher steigen die Verbreitungskosten. Die Lokalradios haben ihr Zielpublikum in einem kleinen und durch die Satzung der Landesanstalt der Medien NRW definierten Gebiet, das in den meisten Fällen aus nur einem Landkreis oder einer größeren Stadt besteht.

Bei der vorgeschlagenen Variante mit fünf Allotments würden die Regierungsbezirke Arnsberg und Detmold zu einem sehr großen Verbreitungsgebiet mit 5,6 Millionen Einwohnern zusammengeschlossen werden. Die beiden Regierungsbezirke bestehen aus 19 Kreisen und kreisfreien Städten, in denen heute 17 Lokalradios funken. Die Unterbringung aller Lokalradios in einem Multiplex würde zu einer unzumutbaren Tonqualität führen. Die Verbreitungskosten eines einzelnen Lokalradios würden explodieren.

Die Verschmelzung beider Allotments wird seitens der Medienanstalt mit der geringen Interessentenzahl in den Regierungsbezirken Arnsberg und Detmold begründet. Noch weniger Interessenten gab es im Bereich des Allotments Münsterland. Hier sind knapp 2,2 Millionen Menschen zuhause und nur sechs Lokalradios aktiv. Ein Plan, das Münsterland mit einer anderen Region zu verschmelzen, wurde allerdings nicht vorgestellt.

Umso mehr verwundert die Aussage des Direktors der Landesmedienanstalt während der Kommissionsitzung, dass der Vorschlag NRW in fünf Regionen zu unterteilen „vom WDR inspiriert wurde“. Ist die neue DAB+-Technik in NRW bereits am Ende, bevor diese überhaupt durchstarten konnte, fragt sich der versierte Beobachter. Man könnte meinen, hinter den Kulissen geht das Geschacher um freie Frequenzen jetzt erst richtig los. Schließlich gibt es in NRW bis jetzt nur einen Multiplex im regulären Betrieb – den Bundesmultiplex – und ein seit 22 Jahren andauerndes Pilotprojekt der Landesmedienanstalt NRW und des WDRs.

Allen Bundesländern stehen sieben Bedeckungen zur Verfügung. Eine landesweite Bedeckung wird für den ersten bundesweiten Multiplex (5C) verwendet. Für den zweiten Bundesmux verzichtet NRW gleich auf zwei Kanäle, die ursprünglich für einen regionalen (5D) und für einen landesweiten Multiplex (9B) vorgesehen waren. Der WDR nutzt den Kanal 11D und soll noch eine zweite Bedeckung erhalten. Somit wären vier Bedeckungen bereits reserviert oder vergeben. Der Landesanstalt für Medien NRW stehen noch drei Bedeckungen zur Verfügung. Jahrelang hielt man in NRW eisern an UKW fest und glaubte, dass DAB+ nie richtig durchstarten würde. Falsch gedacht. Der Pool der freien Kanäle schmilzt ab, die Nachbarn Belgien und die Niederlande haben bereits viele ihrer Ressourcen abgerufen. NRW hat die Entwicklung verschlafen. Nun wird man wach im Düsseldorfer Regierungsviertel – lieber spät als nie. Doch die noch vor 5-6 Jahren dem Fachpublikum vorgestellten vielen potentiell verfügbaren Ressourcen scheinen sich in Luft aufgelöst zu haben.

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