Zukunft im Digitalradio: Programmveranstalter überdenken Programmausstrahlung

Die letzten Wochen waren ziemlich turbulent für die Programmmacher im bundesweiten Digitalradio. Angefangen mit der Insolvenz von LoungeFM, Anfang 2013, gab es auch danach nur wenig gute Meldungen zum Thema. Im Sommer letzten Jahres folgte die Abschaltung von 90elf, nach dem Verlust der Bundesliga- Rechte. Danach die Umwidmung von Absolut Radio in Absolut Relax. Mit der Aufschaltung von SPORT1.fm im Programm von ENERGY folgte ein kleiner Lichtblick.

Anfang 2014 dann eine fragwürdige Entscheidung der Landesmedienanstalten, bzw. der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK), zum Programmwechsel zwischen 90elf und Radio Schlagerparadies. Zunächst verweigerte die ZAK ihre Zustimmung zu dem Programmwechsel, um dann in der nächsten Sitzung unter Auflagen doch zuzustimmen. Ende März folgte die Abschaltung von KISS FM unter Angabe von „unüberbrückbaren Differenzen mit dem Sendernetzbetreiber MEDIA BROADCAST“.

Dabei soll es laut Insiderkreisen um die Insolvenz von LoungeFM gegangen sein. Bisher ist dazu allerdings nur bekannt, dass sich die deutsche Betreibergesellschaft in Insolvenz befindet. Wer dort aktuell Geldgeber ist, ist nicht bekannt – spekuliert wird eine Finanzierung durch MEDIA BROADCAST. Auch den Landesmedienanstalten wurde lediglich die Insolvenz angezeigt. Allerdings schweigen alle Beteiligten weiter zu diesem Thema.

Mittlerweile fordert die DRD Digitalradio Deutschland GmbH die Lizenzierung im Digitalradio von Einzellizenzen auf einen Plattformbetrieb umzustellen. Damit wird gefordert, nicht mehr einzelnen Programmen mit vorab festgelegten Inhalten eine bestimmte Menge von Capacity Units (CU’s) zuzuordnen, sondern Anbietergemeinschaften oder auch Einzelanbieter eine Summe von CU’s zur flexiblen Nutzung per Zuweisung zuzuordnen. Die Anbietergemeinschaften bzw. Einzelanbieter sollen dann den Multiplex mit Programmen ausfüllen, wobei als Kriterien die Attraktivität beim Hörer sowie wirtschaftliche Erfolgsaussichten entscheidend sein sollen. Damit sollen die Lehren aus den schlechten Erfahrungen beim Programmwechsel von 90elf auf Radio Schlagerparadies gezogen werden.

Ein Plattformbetrieb wäre laut Rundfunkstaatsvertrag kein Problem. Die Landesmedienanstalten hatten den BundesMux sogar als Plattform ausgeschrieben. Allerdings gibt es hierzu noch keine geübte Regelungspraxis der Landesmedienanstalten und auch die Veranstalter müssen lernen, wie man mit einer Plattform umgeht. Dazu berät aktuell die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK).

Programmveranstalter überdenken Programmausstrahlung
„Als nationaler Sender ist DAB+ für uns grundsätzlich ein attraktiver und zukunftsweisender Verbreitungsweg, der speziell bei unserem Musikformat den Mehrwert eines noch klareren Klangs liefert“, sagte Klassik Radio Station Manager Ecki Diehl gegenüber der radioWOCHE. „Leider ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch so, dass die Verbreitung der Geräte im Gegensatz zu anderen, klassischen Verbreitungswegen noch immer sehr gering ist und daher UKW, Kabel und Satellit weiterhin die tragende Rolle für uns spielen. Zunehmend spannender und interessanter wird aus unserer Sicht das Thema Streaming. Über Web und Mobile Apps herrscht eine weitreichende Abdeckung und das Streaming ist lange nicht mehr so begrenzt wie noch vor einigen Jahren. Wir beobachten eine erstaunliche Entwicklung bezüglich unserer Stream-Zugriffe, so Diehl weiter“.

Klassik Radio künftig nicht mehr im Digitalradio?
Klassik Radio Station Manager Ecki Diehl stellt die zukünftige Verbreitung über DAB+ in Frage: „Die Verbreitungskosten von DAB+ sind vor allem für uns als nationaler Sender im Vergleich zu den anderen Übertragungswegen im Verhältnis zum derzeitigen Reichweitenpotenzial sehr hoch. Hinzu kommen bei uns enorme Verbreitungskosten im bestehenden UKW-Netz. Insofern werden wir uns, wie andere Sender das auch getan haben und tun, genau überlegen, inwieweit wir weiterhin auf Digitalradio setzen. Mitunter hängt das natürlich auch von der Unterstützung seitens Politik, Industrie und Netzbetreiber ab“.

Nach inoffiziellen Meldungen denkt auch Radio ENERGY über die Digitalradio-Ausstrahlung nach. Eine Anfrage der radioWOCHE bei Geschäftsführer Olaf Hopp wurde nur kurz und knapp beantwortet: „Wir warten erstmal die weiteren Entwicklungen bzgl. DAB+ ab und haben im Moment keinen Kommunikationsbedarf zum Thema“.

SPORT1.fm denkt über eigenen Programmplatz im Digitalradio nach
In diesem Zusammenhang steht auch die derzeitige Kooperation zwischen Radio ENERGY und dem Sportradio SPORT1.fm, die zum Ende der Bundesliga-Saison ausläuft. SPORT1.fm Pressesprecher Michael Roehrig sagte zu der Kooperation. „Wir diskutieren derzeit sehr intensiv über eine Verlängerung des Engagements mit ENERGY über DAB+. Gleichwohl eruieren wir auch die Möglichkeit, einen eigenen Sendeplatz im Digitalradio zu bekommen – zu berücksichtigen ist hier allerdings immer auch der Kosten-Nutzen-Faktor. Eine Entscheidung ist aktuell noch nicht gefallen“.

Es scheinen also spannenden Wochen für die Zukunft des Digitalradios zu werden.

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