M94.5 verliert Münchner UKW-Frequenz an Rock Antenne

Es ist so gekommen, wie es zu erwarten war. Der Münchner Ausbildungssender afk M94.5 muss seine UKW-Frequenz an die kommerzielle Rock Antenne abgeben. Der Hörfunkausschuss des Medienrates der bayerischen Landesmedienanstalt (BLM) war bereits am vergangenen Donnerstag nach einer Anhörung der Betroffenen zu diesem Ergebnis gekommen. Auf Basis der entsprechenden Beschlussvorlage beriet der BLM-Medienrat dann gestern über den Plan. Wie auch in Parlamenten gängige Praxis, folgte er mit einer Entscheidung dabei der Empfehlung seines Fachausschusses.

Proteste bleiben wirkungslos
Gegen die Ende letzten Jahres öffentlich gewordenen Pläne der bayerischen Medienpolitik hatte es breiten Protest aus der Münchner Musik- und Kulturszene gegeben. Zuletzt hatte sich auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auf Facebook für den UKW-Verbleib von M94.5 ausgesprochen: „Ich hoffe sehr, dass der Sender weiterhin seinen Platz in der Radiolandschaft behält. M94.5 ist vielseitig und deshalb ein guter Sender für alle Radiofans. Gleichzeitig können junge Leute hier erste journalistische Erfahrungen sammeln. Es gibt also genug Gründe, warum der Sender seine Frequenz behalten sollte!“ Die zahlreichen Alumnis des Senders machten ebenfalls gegen die BLM-Pläne medial mobil. Viele Medienkarrieren nahmen und nehmen beim Münchner Ausbildungskanal ihren Anfang. Ein Online-Petition, die sich für den UKW-Verbleibt von M94.5 aussprach, konnte  rund 8.000 Unterstützer in Bayern gewinnen.

Am Ende überwogen allerdings wohl die wirtschaftlichen Argumente. Der Ausbildungskanal, der jungen Menschen die Möglichkeit gibt, sich in einer Live-Situation zu erproben, muss nach über 20 Jahren seine UKW-Frequenz an die kommerzielle Rock Antenne abgeben. Das Musikprogramm, ein Ableger von Antenne Bayern, hat damit seine lange ersehnte UKW-Frequenz in der Landeshauptstadt. Bisher ist man nur im Osten der Stadt über eine Frequenz aus Erding zu hören. Das Lokalsendegebiet Erding, Freising und Ebersberg wird die Rock Antenne dem Vernehmen nach im Gegenzug bis zum Jahresende aufgeben müssen.

UKW ist der Mainstream, Digitalradio die Nische
M94.5 verliert also seinen Platz im Münchner UKW-Band und wird – trotz aller Beschwichtigungen – damit in Zukunft weniger präsent sein. BLM-Präsident Siegfried Schneider formulierte es 2014 vor seinem Meinungsumschwung selber sehr treffend, als er über M94.5 sagte: „Wir lassen live zu. Das heißt: Es wird gesendet, nicht irgendwo, auf einem versteckten Kanal, sondern einer UKW-Frequenz.“ Zwar kann das Programm über das Digitalradio DAB+ und im Netz weitersenden – aber machen wir uns nichts vor: Stand 2017 ist Digitalradio immer noch nur eine (leicht wachsende) Nische und UKW der absolute Mainstream. Dort wird Geld verdient, dort ist die Mehrzahl der Hörer, dort wird man wahrgenommen. Deshalb will Antenne Bayern seine Rock Antenne unbedingt auf UKW in München sehen, obwohl der Sender dort schon jahrelang über DAB+ sendet.

„Weit mehr als nur ein Ausbildungssender“
Der Förderverein „Freunde von afk M94.5 e.V.“ äußerte sich im Namen der Redaktion in einer Stellungnahme enttäuscht: „Wir alle sind schockiert und betrübt über diese Entscheidung. In den vergangenen zwei Monaten haben wir unser Möglichstes versucht, um die Bedeutung der UKW-Frequenz für M94.5 deutlich zu machen. Wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass der Verlust erhebliche Auswirkungen auf die Ausbildung von M94.5 haben wird. Dementsprechend können wir diesen Beschluss nicht nachvollziehen und gutheißen. Wir sind enttäuscht, dass das an entscheidender Stelle immer noch anders gesehen wird und wir, die Redaktion, zum Thema überhaupt nicht gehört wurden.“ Im Eigenverständnis bleibe M94.5 mehr als ein reiner Ausbildungssender: „Auch wenn es, nach Aussage des Hörfunkausschusses, nicht Ziel des Senders ist, die städtische Radioszene zu bereichern, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass M94.5 genau das in den vergangenen 20 Jahren zusätzlich zur großartigen Ausbildung gemacht hat. M94.5 ist heute weit mehr als nur ein Ausbildungssender und dies als Lappalie abzutun, ist nicht nur ein Schlag gegen die Redakteure, die sich für den Sender eingesetzt haben, sondern auch ein Schlag und ein deutliches Zeichen gegen die gesamte Kultur- und Radiolandschaft in München und ganz Bayern.“

Der Verband Bayerischer Lokalrundfunk (VBL) und die Münchner Lokalsender Radio Arabella, Radio Charivari München und Radio 2Day äußerten im Verlauf des Verfahrens ihre Sorge, dass eine UKW-Stützfrequenz für die Rock Antenne in München sich negativ auf ihre Werbeerlöse und die Vermarkungfähigkeit des Bayern Funkpakets insgesamt auswirken könnte. Das Gleichgewicht zwischen Antenne Bayern und den anderen Privatradios verschiebe sich durch die Entscheidung zu Gunsten von Antenne Bayern.

Bayern Funkpaket soll gestärkt werden – BLM: Entscheidung nützt Antenne Bayern und den Lokalradios
Dem tritt die BLM entgegen. Sie argumentiert, die Frequenz 94,5 MHz habe eine um 30 Prozent geringere technische Reichweite als andere Münchner Frequenzen. Die Auswirkungen auf die Lokalradios seien auch dadurch beschränkt, dass die Rock Antenne mit ihrem Rock-Format eine eng definierte Zielgruppe erreiche. Denkbar sei allerdings, dass mögliche Reichweitenverluste sich auf die überregionale Werbeeinnahmen auswirken könnten. Dies werde aber dadurch kompensiert, dass die Rock Antenne im Rahmen der „Kooperationsvereinbarung Antenne Bayern/BLW/BLR“ voll in die solidarische Finanzierung der BLR, des Nachrichten- und Mantelprogrammanbieters der bayerischen Lokalradios, einbezogen werde. Durch die Einbeziehung der Rock Antenne und die zusätzliche Reichweite, die die Münchner Frequenz bringen werde, werde das Bayern Funkpaket, die überregionale Werbekombi der bayerischen Lokalsender, nachhaltig gestärkt. So könne der zweite Rang für das Bayern Funkpaket vor dem Bayerischen Rundfunk im regionalen Werbemarkt abgesichert werden. Und damit sind wir bei einem wichtigen Punkt angelangt. Im dualen Rundfunkmarkt ziehen Entscheidungen auf der einen Seite, Entscheidungen auf anderen nach sich.

Von Flottenstrategien und dem Verteilungskonflikt zwischen dem BR und den Privatradios
Der Privatfunk und die BLM als sein Interessenwahrer sehen sich nämlich im Wettbewerb mit dem Bayerischen Rundfunk (BR) zunehmend ins Hintertreffen geraten. Der BR hat seine Programmflotte in den letzten Jahren um drei digitale Programme erweitert. Das junge Format PULS und die Volksmusikwellen Bayern Plus und BR-Heimat sind zu den fünf UKW-Programmen hinzugekommen. Für 2018 ist geplant, dass PULS die landesweite UKW-Kette von BR-Klassik übernimmt. Gegen den Frequenztausch klagen Antenne Bayern und die Lokalradios. Das Verfahren ist noch anhängig, in der ersten Instanz bekam allerdings der BR Recht. Eine zusätzliche Frequenz für das kommerzielle Lager in München soll nun dessen Position im Wettbewerb um Marktanteile und Werbebudgets wieder verbessern. Jetzt fühlte sich also Antenne Bayern am Zug und die auslaufende Lizenz von M94.5 bot die Gelegenheit, den Wunsch nach einer Frequenz in München relativ unkompliziert zu ermöglichen. Die Ausbildungsfrequenz aus BLM-Bestand wird – im Medienpolitik-Deutsch – „umgewidmet“ zu einer Stützfrequenz für die Rock Antenne. Die Zuweisung gilt für fünf Jahre.

afk-Frequenz in Erlangen soll an egoFM gehen
Und es bleibt nicht nur bei München. In der Unistadt Erlangen wird die dortige UKW-Frequenz des M94.5-Schwesterprogramms afk max aus Nürnberg an egoFM gehen. Ein Frequenztausch in Nürnberg zwischen egoFM und dem afk max steht im Raum. Auch hier hört man ein zentrales Argument: PULS.
Interessanterweise betont der Medienrat in seinem Beschluss ausdrücklich, dass sollte egoFM nicht weiter betrieben werden, dessen Stützfrequenzen neu organisiert werden. Die egoFM-Frequenzkette sei an ein alternatives Musikformat gekoppelt. Das kann man als sanfte Ermahnung verstehen.

Zugeständnisse an afk M94.5 – Sendefenster, Kooperationen, finanzielle Unterstützung
Es gab einige Zugeständnisse an M94.5. Auf der letzten Sitzung des Hörfunkausschusses war die Entscheidung noch unentschieden ausgegangen, deshalb wurde ein Kompromisspaket geschnürt. Der Wechsel wird nicht schon Mitte April, wenn die Lizenz eigentlich ausläuft, sondern erst am 1. September vollzogen werden. M94.5 bekommt so ein wenig mehr Zeit ein neues Konzept auf die Beine zu stellen und seine Hörerinnen und Hörer mit einer Kampagne auf den Wechsel vorzubereiten und mitzunehmen. Immerhin verliert der Sender nach 20 Jahren seine namensgebende Frequenz. Die BLM hebt hervor, dass für sie eine Frage bei der afk-Ausbildung künftig zentral sei: Welche Herausforderungen kommen in der digitalen Welt auf Journalisten zu? „Um diese Herausforderungen annehmen zu können, müssen die Strukturen der Ausbildung weiter entwickelt werden. Insofern mögen manche die Umwidmung der UKW-Frequenzen als Verlust empfinden. Sie bietet dem journalistischen Nachwuchs aber die Chance, sich gezielt und aktiv auf die digitalen Entwicklungen einzulassen“, betont BLM-Präsident Schneider. Die Rock Antenne und egoFM beabsichtigen mit den afks in München und Nürnberg verstärkt zusammenzuarbeiten. Es soll dafür auch Sendefenster für Programminhalte, die von und mit den Ausbildungskanälen produziert werden, geben. Schon länger auf dem Tisch lag der Vorschlag, dass die Rock Antenne zusätzliche Anteile am afk in Höhe von mindestens 5 Prozent übernimmt, die bisher von der BLM gehalten wurden. Das bei der BLM, die sich auch die Verbreitungskosten für die UKW-Frequenz spart, so freiwerdende Geld soll – wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet – dann als Zuschüsse wieder in die Ausbildung von Radiojournalisten fließen. Von Seiten der BLM heißt es, die Medienanstalt unterstütze die drei Sender afk M94.5, afk max und afk tv mit mehr als 800.000 Euro jährlich. Der Medienrat der BLM sieht durch den Verlust der UKW-Frequenz die Ausbildungssituation nicht beeinträchtigt: „Die wesentlichen Konditionen, die für eine qualitativ hochwertige Radioausbildung wichtig sind, bleiben erhalten: Es wird in Echtzeit, live und on air gesendet, aber ohne den Druck, den werbefinanzierte Sender in puncto Reichweite spüren. Weder afk M94.5 noch afk max müssen das Massenpublikum erreichen und haben deshalb auch ein Musikprogramm jenseits der Chartplatzierungen und ausführliche lokale Berichterstattung etabliert. Das wird auch weiter so sein“, schreibt er in seiner Pressemitteilung.

Entmutigende Signale aus Bayern in Sachen DAB+
Gewinner bei dieser Entscheidung ist zuvorderst Antenne Bayern, das eine lukrative Frequenz erhält und in gewisser Weise auch die bayerischen Privatradios insgesamt, die durch die Werbekombis ebenfalls profitieren könnten. M94.5 wird an Präsenz verlieren, wie gut der nun verordnete Umstieg ins Digitale gelingen wird, muss sich erst noch zeigen. Die Signale aus dem Digitalradio-Musterland Bayern sind für die Unterstützer von DAB+ wenig ermutigend. Antenne Bayern mit seiner durchaus erfolgreichen Rock Antenne setzt alles in Bewegung um eine UKW-Frequenz zu ergattern. Auch der Bayerische Rundfunk sieht für sein Jugendradio PULS keinen Weg ohne UKW-Frequenzen. Das Narrativ bei BR und BLM ist dabei frappierend ähnlich – die Nischenprogramme (Klassik, alternatives Ausbildungsradio) werden ins Digitalradio verlegt. Das steht im starken Kontrast zur euphorischen Digitalradio-Rhetorik, die die bayerische Medienpolitik ansonsten gerne verbreitet. Das gilt es festzuhalten. Wenn die wirkliche „digitale Speerspitze“ des bayerischen Privatfunks im Jahr 2017 verbissen um eine 100 Watt UKW-Frequenz in München kämpft, sagt das einiges über den aktuellen Stand in Sachen DAB+ in Deutschland aus.

Medienpolitik hat ihre Wahl getroffen
Im CSU-affinen BLM-Medienrat sitzen aktuell 47 Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen in Bayern. Also von Unternehmensverbänden, Kirchen, Sozial- oder Kulturverbänden, aus dem Landtag und von der Landesregierung. Die Medienpolitik hat eine Entscheidung getroffen – für die Interessen der bestehenden Privatradios, allen voran Antenne Bayern. Das kann man kritisieren oder aus wirtschaftlicher Perspektive notwendig finden, man sollte es aber offen aussprechen und sich PR-Floskeln von einer Stärkung des Ausbildungsradios als „digitaler Speerspitze“ schenken. Rechtlich ist das jetzige Vorgehen nicht zu beanstanden. In Zeiten, in denen die Demokratie und ihre Institutionen immer offener angegriffen werden, sollten sich die Politik und ihre Gremien allerdings fragen lassen, ob diese Art der Entscheidungsfindung hilfreich ist. Sie umweht der fade Beigeschmack der Hinterzimmer-Absprache. Und das nicht nur in Bayern. Da wird dann noch etwas nachgebessert, aber letztlich steht die Entscheidung im Vorfeld fest. Warum schreibt man ein rares Gut wie eine frei werdende UKW-Frequenz in einer Millionenstadt wie München eigentlich nicht öffentlich aus?

Auf Kritik stößt die Entscheidung des Medienrats bei der bayerischen Opposition. Prof. Dr. Michael Piazolo, medienpolitischer Sprecher der FREIE WÄHLER Landtagsfraktion: „Ich kritisiere, dass BLM-Präsident Schneider bereits eine Entscheidung angedeutet hat, bevor sich die Gremien damit befassen konnten. Uns FREIEN WÄHLERN ist wichtig, dass durch einen möglichen Frequenzwechsel wie im vorliegenden Falle nicht die kleineren Privatsender in finanzielle Schwierigkeiten kommen. Als seltsam empfinde ich, dass auf der einen Seite DAB+ als die Technik der Zukunft verkauft wird und andererseits viele Sender immer noch versuchen, eine UKW-Frequenz zu ergattern. Das jedenfalls spricht nicht für positive Zukunftsaussichten beim Digitalradio.“

Grüne fordern UKW-Abschalttermin
Auch von Seiten der Grünen wird Kritik an einer fehlenden Umstiegsstrategie zum Thema Digitalradio laut. Landtagsvizepräsidentin Ulrike Grote fordert von der Landesregierung einen klaren UKW-Abschalttermin: „Die Entscheidung, M 94,5 künftig ausschließlich auf DAB auszustrahlen und die UKW-Frequenz der Antenne Bayern-Tochter Rock-Antenne zuzuteilen, unterstütze ich nicht. Dabei sind es nicht die Bedenken, dass der Aus- und Fortbildungskanal M94,5 aufgrund der Verlagerung keine qualitativ hochwertige Ausbildung mehr gewährleisten kann. M94,5 wird hier seine sehr gute Arbeit sicherlich fortsetzen. Es fehlt mir vielmehr eine klare Strategie der BLM und der CSU-Staatsregierung, wie und wann der vollständige Umstieg der bayerischen Radiosender auf DAB erfolgen soll. Wenn DAB die Zukunft des Radios ist, braucht es einen klaren Abschalttermin für UKW. Und wenn DAB die Zukunft der bayerischen Radiosender sein soll, ist es nicht nachvollziehbar, warum Rock-Antenne – ein Sender der bisher hauptsächlich über DAB verbreitet wird – nun eine UKW-Frequenz zugesprochen werden soll. Die einzig glaubwürdige Alternative wäre, M94,5 weiterhin über UKW auszustrahlen und den Sender im Zuge einer kompletten Abschaltung von UKW gemeinsam mit allen anderen bayerischen Radiosendern in DAB zu verlagern. Ein solches Gesamtkonzept wäre auch für die privaten Sender wünschenswert, die damit endlich die finanzielle Belastung durch die verpflichtende Simulcast-Ausstrahlung los wären. Und kleine Sender, wie M 94,5, würden nicht gezwungen, Differenzen der privaten Radiosender und des BR über die Verteilung von UKW-Frequenzen und die damit einhergehenden Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der wirtschaftlich großen Bedeutung von UKW auszubaden.“

SPD: Längere Übergangsfrist für den afk wäre wünschenswert gewesen
Martina Fehlner, medienpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion und Medienrätin, betont, dass es große Diskussionen gab: „Die angedachte Frequenzvergabe der UKW-Frequenz 94,5 MHZ in München an die Rock-Antenne hat im Vorfeld der Entscheidung des Medienrats für erhebliche Diskussionen gesorgt. Die Beteiligten haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Auch ich habe etliche Gespräche sowohl mit der Geschäftsführung von Antenne Bayern als auch mit dem Verband Bayerischer Lokalrundfunk und Vertretern der Münchener Privatsender sowie der Leitung des Aus- und Fortbildungskanals AfK M94.5. geführt. Für mich war es dabei wichtig, zunächst alle Vor- und Nachteile abzuwägen. Deshalb habe ich mich dafür eingesetzt, dass die für Dezember letzten Jahres vorgesehene Entscheidung noch einmal um einige Wochen auf Februar 2017 vertagt wurde. Der politische Wille ist es, den Ausbau des deutschlandweiten Digitalradionetzes weiter massiv voranzutreiben. Alle Sender, so auch das Ausbildungsradio M94.5, müssen daher ihre Hörerinnen und Hörer über kurz oder lang mobilisieren, von den UKW-Frequenzen mit ins Digitale zu wandern.“ Die SPD habe sich allerdings eine längere Übergangszeit gewünscht: „Allerdings sehe ich, wie auch alle anderen SPD-Vertreter im Gremium, die Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt nach wie vor kritisch. Ich hätte mir gewünscht, dass die Übergangsfrist für den Aus- und Forstbildungskanal noch um mindestens ein Jahr verlängert wird, damit den Machern mehr Zeit für diese wichtige Phase der Umstellung bleibt. Wichtig ist doch, dass die jungen Leute, die Radio machen, auch von möglichst vielen Hörerinnen und Hörern gehört werden können. Im Moment empfangen gut 75 % M94.5 über die UKW-Frequenz, der Ausbau des Digitalradios geht nur langsam voran. Das Münchener Aus- und Fortbildungsradio trägt seit vielen Jahren zur qualitativ hochwertigen Ausbildung des Journalistennachwuchses in Bayern bei. Und das sollte auch unbedingt in der Zukunft so bleiben.“

Zeit für ein freies Radio in München
Wenn argumentiert wird, das Hauptziel von M94.5 sei die Ausbildung und weniger musikkulturelle Vielfalt im Münchner Radio abzubilden, stellt sich die Frage, warum gibt es in München kein 24/7 UKW-Radioprogramm, dessen Hauptaufgabe genau dies ist? Also ein freies, musikkulturelles Radio oder ein Uniradio? Es bleibt aktuell nur Sendezeit auf der hauptsächlich vom katholischen Radio Horeb genutzten Frequenz 92,4 MHz. Die Frequenz ist gerade in Neuausschreibung. BLM-Chef Siegfried Schneider hatte den afk-Radiomachern vorgeschlagen, sich auf die UKW-Frequenz zu bewerben. Damit hätte der Frequenzverlust der 94,5 MHz zumindest in Teilen aufgefangen werden können. Der AFK hat sich aber nicht beworben, da er den bisherigen Lizenzinhabern wie Radio Feierkwerk und LORA München nicht die Sendezeit streitig machen will.

Strategisch zu kurz gedacht?
Antenne Bayern und die Privatradios, die ja selber in Teilen den Gesellschafterkreis des afk bilden, sollten sich fragen, ob sie sich mit der jetzigen Entscheidung mittelfristig nicht selbst schaden. Ist es wirklich sinnvoll die Bühne für den eigenen Nachwuchs bewusst kleiner zu machen, indem aus M94.5 ein Webradio wird?

Es wird für M94.5 weitergehen – im Netz, via DAB+ und als UKW-Sendefenster
Der afk M94.5 wird ab September also über DAB+ und im Netz weitermachen. Von den „Freunden vom afk M94.5“ heißt es dazu: „Im Namen der afk M94.5-Redaktion werden wir dafür Sorge tragen, dass sich M94.5 auch weiterhin treu bleibt: Eine fundierte und hochqualitative journalistische Ausbildung mit Musik und Kultur abseits des Mainstreams zu kombinieren.“ Man schwanke aktuell zwischen Trübsal und Aufbruch hin und her, erklärt Volontär Johannes Vogl gegenüber dem SZ-Jugendangebot jetzt. Julia Röhl  von den Freunden von M94.5 erklärt dazu: „Die Stimmung ist nach der Entscheidung des Medienrates natürlich getrübt. Die Redaktion ist traurig und schockiert darüber, dass M94.5 ab dem 1. September 2017 nicht mehr auf UKW senden wird. Besonders überrascht hat uns daran natürlich, weil wir erst so kurzfristig – 2 Monate vorher – darüber informiert wurden, dass M94.5 womöglich die Frequenz entzogen wird. Dementsprechend waren wir darauf nicht vorbereitet und es hat uns folglich besonders hart getroffen. Allerdings wird es M94.5 natürlich trotzdem weitergeben – und zwar auf DAB+ und über Internetradio. Und jetzt haben wir noch ein gutes halbes Jahr Zeit, uns auf die vollständige Umstellung auf digital vorzubereiten. Sicherlich ist das auch nicht besonders viel Zeit, aber wir wollen diese Chance nutzen und werden deswegen jetzt damit anfangen ein Konzept zu erstellen – denn M94.5 soll weiterhin Medienausbildung garantieren und München abbilden. Außerdem freuen wir uns, dass M94.5 einige Sendefenster auf der Rock Antenne bekommen soll. So sind wir zumindest teilweise auch auf weiterhin auf UKW zu hören und können unsere Reichweite erhöhen.“ Man freue sich auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der BLM und der Rock Antenne und wolle den Hörern ein weiter verbessertes Angebot via DAB+ und im Netz anbieten. Wie genau die Sendefenster, was Inhalt und Umfang anbelangt, aussehen können, müsse in den kommenden Wochen und Monaten geklärt werden. Die Redaktion bedankt sich in einer Presseerklärung bei ihren Unterstützern: „Mit so großer Solidarität haben wir nicht gerechnet!“

Escape drücken, zum schließen