Hookteasing – warum es mehr schadet als nützt

„In der nächsten halbe Stunde bei der Hit-Antenne: die aktuelle von Adele (HOOK), Jonas Blue feat. Dakota mit ihrer Version von „Fast Car“ (Hook) und für mehr Abwechslung beim Radiohören ein cooler 80er von Duran Duran (Hook)“.

Solche Moderationen hört man landauf, landab; auch beim Öffi seines Vertrauens. Dass solche Musikteaser einfallslos hoch 2 sind – geschenkt. Sie sind vor allem hochgradig schädlich. Denn: Hookteasing schadet mehr als es nützt – Ausnahmen bestätigen die Regel!

Beispiele für Ausnahmen: kurzfristiger Einsatz über wenige Wochen, um gezielt bestimmte musikalische Images zu pushen. Einsatz in Musiksendungen wie Chartshow, Neuheitenshows, in Beiträgen oder Nachrufen, etc.

Hookeinsätze verbrennen die Hits schneller
Alle anderen Einsätze bringen vorrangig erstmal eines: Sie „verbrennen“ die Hits! Und zwar für alle Stationen im jeweiligen Markt. Und weil fast alle Sender mittlerweile (aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen) aktuelle Hits spielen wollen (auch wenn sie eigentlich für Classics eingeschaltet werden), laufen also in manchen Märkten auf 4 von 5 Sendern dieselben 15 (bis 20) Hits – die einen nehmen sie früher in die Rotation, die anderen später. Die einen spielen sie häufiger, die anderen seltener. So weit so schlecht.

Wir haben also immer so 15 bis 20 aktuelle Hits, die (fast) überall laufen. Die meisten Sender haben natürlich Hookpromos im Programm, die je nach Format, auch bis zu drei dieser aktuellen Hits enthalten. Und jetzt also noch ein Hookteasing, das im schlimmsten Fall zweimal pro Stunde zwei bis drei aktuelle Hits enthält.

Wenn man dazu noch klar belegen kann, dass Hörer auch angespielte Songs (also Hooks) als „gehört“ empfinden (also als ob sie den ganzen Song gehört hätten), leuchtet ein, dass die aktuellen Hits immer schneller „verbrennen“. Wer also Hookteasing einsetzt, schadet allen Sendern im Markt, die aktuelle Hits spielen. Und er schadet seiner eigenen Hitrotation sowie seinem eigenen Backkatalog.

Hörer empfinden einen Hook so als wäre der ganze Song gelaufen
Denn: angespielte Hits werden tatsächlich so empfunden, als hätte man den ganzen Song gehört. Ich kann das anhand mehrerer Beispiele belegen. Weil wir das wissen, gehen wir bei einigen meiner Kunden sogar soweit, die am schnellsten rotierenden Songs in Hookpromos eher zu vermeiden (oder nur ausgewählt einzusetzen), weil wir wissen, dass diese Songs bei zusätzlichem Einsatz in Hookpromos noch schneller verbrennen.

Stellen Sie sich vor, Sie düsen durch – sagen wir meine neue Heimat – Mitteldeutschland. Sie fahren auf der A 9 von Brandenburg nach Sachsen-Anhalt und dann weiter nach Sachsen und haben bei BB Radio als letztes „Try me“ von Jason Derulo und J.Lo gehört – um 13 Uhr 45. Sie fahren in das Sendegebiet von MDR Jump. Dort hören Sie um 13 Uhr 55 ein Hookteasing mit dem Refrain von „Try me“. Um 14 Uhr 20 läuft „Try me“ bei JUMP, sie schalten um auf Energy Sachsen. Dort läuft „Try me“ im Hookpromo.

Nun nehmen wir ein ähnliches Beispiel, ohne einen Sender zu nennen.
Auf Sender X läuft „Try me“ als Beispiel für aktuelle Hits um 13 Uhr 20 im Hookpromo. Die Musikplanungssoftware erlaubt, dass dieser Titel ab 14 Uhr wieder regulär verplant wird. Um 13 Uhr 55 macht der Moderator ein Hookteasing auf „Try me“, um 14 Uhr 15 läuft „Try me“ auf Sender X.
Hier hat ein- und derselbe Hörer auf ein und demselben Sender ein und denselben Song für sein Empfinden dreimal innerhalb 50 Minuten gehört – auch wenn zweimal nur der Hook zu hören war. Für den Hörer ist „Try me“ dreimal gelaufen.

Hookteasing erschwert die Musikplanung und schadet aus vielen Gründen
Es ist schon schwer genug, Hookpromos sinnvoll zu verplanen, ohne ständig Künstler- oder Songkollisionen zu haben. Wie soll man da noch ein Hookteasing hinkriegen, ohne seine Hits zu verbrennen?

Es gibt also viele Gründe, die Finger vom Hookteasing zu lassen:
1. Die Songs bekommen noch schneller einen Burn – man macht also Hits unbrauchbar
2. Stark „verbrannte“ Songs sind auch für den Backkatalog unbrauchbar
3. Eine sinnvolle Planung von Hits/ Hookteasing/ Hookpromos ist nahezu unmöglich
4. Das Image für „zu viele Wiederholungen in der Musik“ steigt so stark an, dass es schädlich wird

Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber wenn schon Hookteasing, dann die Hooks wirklich nur ganz kurz anspielen und gut damit arbeiten, so wie Ryan Seacrest in dieser (älteren) Ausgabe der American Top 40.

Herzlichst,
Ihre
Yvonne Malak

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www.my-radio.bizYvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 01. April 2016.

Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/

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