Gemeinsamkeiten großer Morningshows – was wir von den Besten lernen können

Ich liebe es, Morningshows zu hören! Und dank Zeitverschiebung passen in einen Bürotag von 8 bis 18 Uhr jede Menge Morningshows…wenn meine liebsten deutschen Morgensendungen zu Ende sind, schalte ich nach Großbritannien, danach an die US- Ostküste, dann an die Westküste. Viele der Dinge, die die großen Shows bei uns und im Ausland gemeinsam haben, sind eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Leider sind diese Selbstverständlichkeiten noch nicht in ganz Deutschland angekommen. Überprüfen Sie, ob „Ihre“ Morningshow all diese Punkte erfüllt anhand dieser

10 Dinge, die wir von den besten Morningshows der Welt lernen können:

1., EINER führt die Show
Es gibt kein albernes Moderationspingpong oder Einstiege nach dem Motto: „Mal macht’s der eine, mal der andere“. EINER führt die Show und repräsentiert die Werte des Senders. Selbstverständlich? Bei uns leider nicht… bei Sender A wird die Majorpromotion unter den Moderatoren „aufgeteilt“, bei Sender B darf jeder mal die Musik verkaufen, bei Sender C moderiert mal dieser, mal jener die Benchmarks an… Unsinn! Denn je klarer die Rollen verteilt sind, desto einfacher versteht der Hörer die Marke, die Struktur der Show und die Charaktere.

2., Die beste Quelle für Themen ist das eigene Leben
Mal bei Z 100 in New York reingehört? Elvis Duran und sein Team machen jeden Morgen eine der erfolgreichsten Shows der Welt mit nur einer einzigen Comedy- Benchmark (Phone Tap). Ansonsten dreht sich alles – wirklich alles – nur um die Charaktere und deren Leben, das sie mit den Hörern teilen. Bei KIIS FM mit seinem Mega-Morgen-Star Ryan Seacrest entstehen die Themen ebenfalls mitten aus dem Leben. Zum Beispiel aus dem Leben von Co- Star Tanya Red, deren Freundin zurzeit einen Mann datet, von dem sie glaubt dass er schwul ist (das Thema hat in zwei Tagen mehrere Stopsets dominiert, mit Diskussionen und Streit im Team, Weiterdrehs und Höreranrufen). In dieser Show (die meistgehörte Morningshow der westlichen Welt) spielen neben eigenen Themen die Alltagsprobleme der Hörer die absolute Hauptrolle.

Damit sind wir beim dritten Punkt:
3., Das Hörertelefon ist eine unerschöpfliche Quelle von Themen
Dort einen Praktikanten hinzusetzen oder gar die Anrufe gar nicht zu beantworten, ist grob fahrlässig.
Der Kollege am Hörertelefon hat einen der wichtigsten Jobs in der Show: den Dialog mit den Anrufern, deren Geschichten zu erkennen, nachzufragen und damit Content zu liefern.

4., Mehr Charaktere in die Show
Die Kollegin aus der Nachrichtenredaktion hat etwas Schräges erlebt oder braucht Hilfe bei einem Problem? Holt sie ins Studio! Mehr Charaktere = mehr Themen = mehr echtes Leben. Je mehr unterschiedliche Charaktere in einer Show zum Tragen kommen, desto mehr Hörergruppen kann man abholen.

5., Die Show ist wie ein Spiegel
Ein Spiegel für Charaktermerkmale, ein Spiegel für Probleme, ein Spiegel für die eigene Beziehung. Je mehr Details die Protagonisten preisgeben, je mehr sie ihr Leben teilen, desto mehr Anknüpfungspunkte hat der Hörer, desto eher kann er sich mit „seinem“ Morgenmoderator identifizieren.
Jeder Hollywoodfilm, jede erfolgreiche Serie funktioniert nach dem Prinzip der Identifikation. Je mehr wir uns mit einer Person identifizieren können, desto mehr Sympathie haben wir für sie. Dazu gehört auch die ganze Bandbreite der Emotionen. Diese wiederum geben den Charakteren zusätzliche Dimensionen und machen sie noch spannender. s

6., Alle Inhalte brauchen ein interessantes Setting
Liebe Kollegen in Deutschland: hört auf mit dem albernen Moderations-Ping-Pong, bei dem jeder mal etwas zum Thema sagen darf. Überlegt euch lieber ein interessantes Setting für jedes Thema:
Wer hat das Thema? Wer ist in der Erzähler-, wer in der Zuhörer Rolle?
Wie stehen die Charaktere zum Thema? Wer sagt etwas dazu und welche Meinung brauche ich nicht? Wo ist der Reibungspunkt?
Das Setting macht das Thema erst interessant!

7., Teasing, Teasing, Teasing
Die Show geht immer nach vorne. Hören Sie mal bei Ryan Seacrest rein: der teast vor jedem Bit, innerhalb des Bits und nach dem Bit…

8., Den Raum nutzen
Mit dem Mikrofon arbeiten, den Raum nutzen, aus dem Hintergrund agieren bringt Leben und erzeugt akustische Dimensionen. Z 100 ist ein super Beispiel, wie spannend es klingen kann, wenn ein Morgenshowteam den Raum nutzt.

9., Die persönliche Weiterentwicklung on air leben
Sheldon Cooper war am Anfang von TBBT ein gefühlloser Single, in Staffel 10 macht er Amy einen Heiratsantrag. Einige Morgenshow- Charaktere in Deutschland allerdings scheinen in ihrer Rolle über Jahre gefangen. Langweilig! Und auch wenig realistisch.

10., Relevanz vs. Länge
Elvis Duran und sein Team schaffen es locker, 15 Minuten am Stück zu reden. Die Major Promotion Secret Sound war aber jedes Mal in unter einer Minute erledigt, obwohl es um größere Geldsummen ging…

Ryan Seacrest sendet 5-Minuten-Telefonate zu Beziehungsproblemen von Hörern, „Ryan pays your bill“ dauert aber nur 15 Sekunden… Relevanz vs. Länge… Vielleicht ist dieser Hinweis auch ein Anstupser, um mal wieder über die Länge und Dominanz der nächsten Major Promotion nachzudenken. Aber das ist ja schon wieder ein eigenes, ganz anderes Thema. Zurück zum Ausgangspunkt: superkurze Umsetzungen von Promotions sind einer der 10 Punkte, die einige deutsche Morningshows von den Besten der Welt lernen können.

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Yvonne Malak

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www.my-radio.bizYvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 01. August 2017.

Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/

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