Europaparlament bringt Digitalradio-Pflicht für Autoradios auf den Weg

Das Europaparlament hat am Mittwoch den European Electronics Communication Code (ECC) endgültig auf den Weg gebracht. Der fast 600 Seiten starke Kodex beinhaltet auch eine Regelung, nach der Neuwagen künftig im Binnenmarkt der Europäischen Union (EU) mit Radiogeräten, die neben UKW auch digitalen terrestischen Radioempfang  – also beispielsweise DAB+ – ermöglichen, ausgestattet sein müssen. Das Parlament folgte damit einer Empfehlung, die der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) bereits im Juli ausgesprochen hatte.

Bevor der ECC in Kraft treten kann, muss allerdings Anfang 2019 noch der EU-Rat, in dem die Regierungen zusammenkommen, zustimmen. Ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU haben die 27 Mitgliedsstaaten dann zwei Jahre Zeit die angesprochene Regelung in nationales Recht zu übertragen, danach wird sie verpflichtend.

Den Mitgliedsstaaten ist es zudem freigestellt, vergleichbare Regeln auch für alle übrigen Radioempfangsgeräte zu erlassen. Als Empfehlung wird ihnen mitgegeben, dass Radioempfangsgeräte künftig im Sinne der Interoperabilität nicht nur analoge, sondern auch „Hörfunkdienste empfangen und wiedergeben können [sollten], die über den digitalen terrestrischen Rundfunk oder IP-Netze bereitgestellt werden“. Ausgenommen sind allerdings Smartphones, da der Radioempfang hier als Nebenfunktion definiert wird. Die Mitgliedsstaaten sollen zudem die Auswirkungen einer möglichen Digitalradiopflicht für „Radiogeräte von geringem Wert“ besonders prüfen.

Ein erstes entsprechendes Gesetz wurde bereits in Italien verabschiedet, nach dem ab dem 1. Januar 2020 sämtliche, in Italien angebotenen Radioempfänger DAB+ unterstützen müssen. Frankreich hat ähnliche Schritte angekündigt, sobald die Netzabdeckung mit DAB+ 20 Prozent der Bevölkerung überschreitet.

WorldDAB Präsident Patrick Hannon: „Die Aufnahme des digital-terrestrischen Radios in den European Electronic Communications Code ist ein wichtiger Meilenstein für Digitalradio in Europa. Es ist ein deutlicher Beweis dafür, dass DAB+ europaweit als zentraler und zukunftssicherer Ausspielweg für Radio etabliert ist. Die Regelung wird die Verbreitung von DAB+ Autoradios in ganz Europa vorantreiben, unabhängig davon, ob es sich dabei um bereits etablierte Märkte oder solche in einer entwicklungstechnischen Frühphase handelt. Den Mitgliedsstaaten gibt der ECC in dieser Fassung grünes Licht für die Einführung einer generellen Digitalradiopflicht.“

Die entsprechenden Abschnitte der EU-Richtlinie im Wortlaut:

Artikel 113, Anhang XI

„Jedes Autoradio, das in ein neues Fahrzeug der Klasse M eingebaut wird, das ab dem …[zwei Jahre nach dem Tag des Inkrafttretens dieser Richtlinie] in der Union zum Verkauf oder zur Miete in Verkehr gebracht wird, muss einen Empfänger enthalten, der zumindest den Empfang und die Wiedergabe von Hörfunkdiensten, die über digitalen terrestrischen Rundfunk ausgestrahlt werden, ermöglicht. Bei Empfängern, die den harmonisierten Normen oder Teilen davon entsprechen, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, wird die Konformität mit dieser Anforderung, die mit den betreffenden Normen oder Teilen davon übereinstimmt, angenommen.“

Artikel 113, Absatz 2

„Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen erlassen, die die Interoperabilität anderer für Verbraucher bestimmter Radiogeräte gewährleisten, wobei die Auswirkungen auf den Markt für Radiogeräte von geringem Wert zu begrenzen sind und sicherzustellen ist, dass diese Maßnahmen weder auf Erzeugnisse angewandt werden, bei denen der Funkempfänger – wie etwa bei Smartphones – nur eine reine Nebenfunktion hat, noch auf Anlagen, die von Funkamateuren verwendet werden.“

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