Britischer Radiomarkt im Umbruch: Über 100 Arbeitsplätze vor dem Aus

Großbritanniens Radiolandschaft steht vor einem großen Umbruch. Der britische Branchenprimus Global Radio setzt zur Sparrunde bei seinen Lokalradios an, das berichtet der Branchendienst „Radio Today“. Am 8. April wird Capital FM seine 14 lokalen Morningshows einstellen und durch ein gemeinsames Programm aus London ersetzen. Die Zahl der lokalen Nachmittagssendungen sinkt von 14 auf 9.

Auch der Heart Network bekommt eine zentrale Frühsendung aus London, die bisher 22 separaten Ausgaben werden nicht mehr fortgeführt. Die Zahl der Lokalversionen am Nachmittag sinkt von 23 auf 10. Im Laufe des Jahres wird dann abschließend mit Smooth ein weiterer Global Radio-Brand eine landesweite Morningshow einführen. Auch am Wochenende wird es bei den drei Programmen keine lokalen Sendungen mehr geben. Zehn der 24 Lokalstudios werden in Folge geschlossen.

Weniger Auflagen
Möglich wird der aktuelle Schritt durch eine vorgenommene Deregulierung, welche die Medienanstalt Ofcom im Oktober 2018 veröffentlicht hat. In den neuen Richtlinien für Lokalradios entfiel für die Lizenzinhaber die bisher bestehende Verpflichtung eine lokale Morningshow anzubieten. Die Sender müssen wochentags nur noch drei statt sieben Stunden lokal produzieren sowie stündliche Lokalnachrichten im Programm haben – dürfen also die übrigen 21 Stunden von einem Rahmenprogramm übernehmen. Zudem können nun Sendegebiete zu größeren Einheiten zusammengelegt werden.

Global Radio möchte mit den neuen landesweiten Frühstückssendungen der BBC verstärkt Hörer abjagen und freut sich, dass man sich nun in einer vergleichbaren Ausgangslage wie die landesweiten BBC-Programme befindet.

Jobverluste drohen
Der Branchendienst „Radio Today“ schätzt, dass bei Global Radio rund 70 Prozent der Moderatoren-Jobs wegfallen könnten. Labours Schattenminister für das Kulturressort Tom Watson bezeichnete den nun drohenden Verlust von über 100 Arbeitsplätzen bei Global Radio als eine „Farce“ und weiteren „schweren Schlag“ für die bereits angeschlagene Lokalmedienlandschaft auf der Insel.

„Radio Today“ rechnet weiter vor, dass sogar über 250 Stellen betroffen sein könnten, sollte Globals Mitbewerber Bauer Media dem Vorbild folgen und auch bei seinen Lokalradios die lokalen Inhalte auf das vorgeschriebene Minimum reduzieren. Bauers Lokalsender sind im Hits Radio- und Greatest Hits Radio-Verbund zusammengeschlossen. Zudem hat die britische Tochter des deutschen Medienkonzerns in den vergangenen Wochen insgesamt vier Lokalradiogruppen übernommen. Den britischen Lokalfunkmarkt hat also gerade eine massive Konsolidierungswelle erfasst, an deren Ende auch in diesem Segment nur noch die beiden großen Privatradiogruppen als relevante Akteure übrig bleiben werden. Die Nummer Drei im Markt, Murdochs Wireless Group, konzentriert sich ganz auf ihre landesweiten Programme, die Lokalfunksparte wurde an Bauer Media verkauft.

Der britische Radiomarkt war lange ähnlich kleinteilig wie der deutsche organisiert und in zahlreiche Regional- und Lokalsendegebiete aufgeteilt. Bis zur Einführung des Digitalradios DAB gab es nur drei landesweite Privatradiolizenzen. Es bildeten sich allerdings zahlreiche Networks mit gemeinsamen Rahmenprogrammen heraus. Strenge Auflagen, die lokale Inhalte vorschrieben, setzten diesem Prozess aber lange Grenzen. 2010 hatte die Medienanstalt Ofcom dann erstmalig die Auflagen für die Lokalradios gelockert. Die Medienwächter senkten damals die Hürden für Formatwechsel und erlaubten, dass benachbarte Lokalradios gemeinsame Funkhäuser bezogen. Nun machen sie – auch mit dem Verweis auf die digitale Konkurrenz, für die solche Auflagen nicht gelten –  den Weg für landesweite Morningshows auf UKW frei.

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